Pfronten:Goldgräber im Allgäu

Oberhalb des Allgäuer Ferienortes Pfronten liegt die Burg Falkenstein - Deutschlands höchstgelegene Burgruine und ein beliebtes Ziel für Schatzsucher. Seit Jahrzehnten geht das Gerücht um, die Nazis hätten dort eine riesige Menge Gold versteckt.

Kaum etwas fasziniert die Menschen seit Jahrtausenden so sehr wie Gold. Um das Edelmetall werden zwar heute keine Kriege mehr geführt. Doch noch immer gibt es Menschen, die ihr Glück als Goldgräber versuchen.

Burgruine Falkenstein

Burg Falkenstein oberhalb von Pfonten. Nicht nur  Deutschlands höchst gelegene Ruine, sondern auch  Ziel von Schatzsuchern, die nach einem vergrabenem Goldschatz der Nazis suchen.

(Foto: dpa)

Die Gemeinde Pfronten im Allgäu hat damit reichlich Erfahrung. Seit Jahrzehnten hält sich hartnäckig das Gerücht um einen vergrabenen Nazi-Goldschatz an der geheimnisumwitterten Burgruine Falkenstein. "Es hat immer wieder Leute gegeben, die hier nach Gold suchen", sagt der Pfrontener Heimatforscher Bertold Pölcher. Gefunden habe man bisher noch nichts. Auch gebe es keinerlei Quellen, Hinweise oder Augenzeugen, die dem Mythos eine Grundlage geben könnten. "Aber solange die Leute daran glauben wollen, werden die Gerüchte nicht verstummen."

Auch Hubert Haf kennt das Gerücht um den vermeintlichen Schatz. Wie viele andere Pfrontener hat er nicht mehr als ein Schmunzeln dafür übrig. Doch im vergangenen Herbst hat es dem 73-Jährigen mächtig Ärger eingebracht. Fünfmal waren Goldgräber in seinen Feldstadel unterhalb der Burgruine eingebrochen. "Die haben das Schloss aufgebrochen, den Holzboden aufgerissen und einfach drauflos gegraben. Immer an einer anderen Stelle."

Gestohlen wurde bei den nächtlichen Einbrüchen im Abstand von vier bis sechs Wochen nichts, sagt Haf. "Darum ging es ihnen nicht. Die haben alle Sachen zur Seite geräumt, damit sie an den Boden hinkommen." Durch einen Bewegungsmelder wurden die Einbrecher schließlich überführt und von der Polizei geschnappt. Wie Haf sagt, handelte es sich um zwei Männer, etwa Mitte 30, aus dem benachbarten Tirol. "Warum sie genau unter unserem Stadel gegraben haben, ist mir ein Rätsel. Der wurde erst 1976 gebaut."

Gemeinsames Graben mit den Einbrechern

Mit einem der Einbrecher haben sich Haf und dessen Sohn später sogar noch einmal zum gemeinsamen Graben getroffen. "Wir wollten, dass endlich Ruhe ist. Er sollte sehen, dass es hier keinen Schatz gibt." Am Stadel, der laut Haf inzwischen extrem abgesichert ist, habe es seitdem keine ungebetenen Gäste mehr gegeben. Endgültig abgehakt sei die Sache aber noch nicht. Weil die Tiroler bislang nur die Strafe, nicht aber den Schaden am Stadel bezahlt haben, beschäftige sich das Gericht in Innsbruck noch immer mit dem Fall.

Schon lange vor dem Einbruch waren Haf die Geschichten um das Nazi-Gold bekannt. "Man erzählt sich, dass der Falkenstein von der SS von Oktober 1944 bis März 1945 abgesperrt war. Man weiß aber nicht, was da los war." Haf kennt auch Erzählungen über einen Goldtransport Anfang 1945 von München nach Kempten, dessen Spur sich danach verliert. Diese Gerüchte blieben nicht ohne Folgen für Pfronten. So kamen nach Hafs Angaben in den 50er Jahren Suchmannschaften aus ganz Europa an den Falkenstein. "Aber gefunden wurde nichts."

Wie Heimatforscher Pölcher sagt, sind der angebliche Goldschatz und die vielen Geschichten über ihn nicht erst seit der Nazi-Zeit ein Thema in dem Allgäuer Ferienort. "Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte von Pfronten." Der Grund ist wohl der Falkenstein - Deutschlands höchstgelegene Burgruine. "In alten Sagen werden Burgen gerne mit einem vergrabenen Schatz in Verbindung gebracht." Laut Pölcher gibt es ein altes Pfrontener Spottgedicht aus dem Jahr 1840, das von einem Mann handelt, der dort oben einen Schatz heben wollte und dabei von anderen Männern reingelegt wurde.

Ein unterirdischer Gang nach Füssen?

Noch viel weiter zurück liege eine Sage der Venediger, wonach ein unterirdischer Gang vom Falkenstein nach Füssen existiert, in dem unermessliche Schätze untergebracht sind. Legenden über einen Goldschatz gibt es laut Pölcher auch im Zusammenhang mit König Ludwig II., der die Burgruine Falkenstein 1883 kaufte, um an ihrer Stelle eine romantische Märchenburg im Stil von Schloss Neuschwanstein zu errichten. Nach den Erzählungen soll Ludwig II. bei seiner Flucht mit einer Kutsche königliches Gold dort hinauf gebracht haben. "Es ist unglaublich, wie viele solcher Geschichten im Laufe der Jahre weitergegeben wurden." Mit dem vermeintlichen Nazi-Goldschatz setze sich das Ganze fort.

Wie Pölcher sagt, ist der Falkenstein aber nicht der einzige Ort im Ostallgäu, an dem Schatzsucher Wertvolles vermuten. Auch über den Alatsee halten sich Gerüchte, wonach die Deutsche Reichsbank dort zum Ende des Zweiten Weltkriegs einen Goldschatz versenkt haben soll.

"Damit muss man leben. Es gibt in Deutschland viele Orte, die Anlass für Spekulationen geben", sagt Pfrontens Bürgermeister Beppo Zeislmeier (SPD). Dass die Ruine Falkenstein dazu gehört, wundere ihn nicht. Weithin sichtbar ragt sie auf einem schroffen Felsen in 1267 Meter Höhe über Pfronten. "Eine solche Burg eignet sich immer für spannende Geschichten." Solange die Schatzsucher keinen Schaden anrichten, stören sie den Gemeindechef nicht. "Aber dass sie wie bei Hubert Haf Eigentumsrechte verletzen, geht natürlich nicht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: