Das Leben von Ratko Mladic:Der "Schlächter vom Balkan"

Er soll das schwerste Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg befohlen haben - das Massaker von Srebrenica: Ratko Mladic muss sich nun wegen Völkermordes vor dem UN-Tribunal in Den Haag verantworten. Über das Leben des meistgesuchten Kriegsverbrechers in Europa und seine Flucht.

Mit dem Namen Ratko Mladic verbinden die meisten Menschen vor allem eines: Das Massaker von Srebrenica, eines der grausamsten Kriegsverbrechen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Wenige Monate vor Ende des Bürgerkriegs in Bosnien-Herzegowina überrannten serbische Truppen im Juli 1995 unter seinem Befehl die zur UN-Schutzzone erklärte muslimische Enklave im Osten Bosniens. Während Mladic vor laufenden Kameras dem überrumpelten Kommandeur des niederländischen Blauhelm-Kontingents mit einem Glas Sliwowitz zuprostete, trieben seine Soldaten bereits die Gefangenen zu den späteren Hinrichtungsstätten. 8000 Menschen wurden ermordet.

Mladic, genannt der "Schlächter vom Balkan" oder "Schlächter Bosniens", einst von seinen Gegnern gehasst und gefürchtet, wird von vielen seiner Landsleute auch heute noch als Held verehrt. Entsprechend leicht war es dem am 12. März 1943 in Kalinovik südlich von Sarajewo geborenen Mladic auch, nach dem Krieg angeblich unerkannt in Belgrad zu leben. Er tauchte 2002 unter, als der serbische Machthaber Slobodan Milosevic gestürzt worden war und ihn nicht mehr schützen konnte.

Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat den heute 69-Jährigen angeklagt, im bosnischen Bürgerkrieg zwischen 1992 und 1995 die schlimmsten Verbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg angeordnet zu haben. Der von seinen Soldaten als begnadeter Stratege bewunderte General soll für die dreijährige Belagerung von Sarajewo mit 10.000 Toten ebenso verantwortlich sein wie für "ethnische Säuberungen" und die Gräuel in Internierungslagern.

Im Sommer 1991 wurde Mladic Kommandeur des 9. Korps der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) in Knin in der mehrheitlich von Serben bewohnten kroatischen Krajina. Er sorgte für die Unterstützung der Krajina-Serben in diesem Teil Kroatiens bei ihrer Abspaltung von Zagreb. Diese "Hauptstadt" der "Republik Serbische Krajina" war denn 1995 auch erstes Ziel der kroatischen Schlussoffensive.

Im Mai 1992 stieg Mladic zum Armeechef der bosnischen Serben auf, plante die Eroberung Bosniens mit seinem Chef Radovan Karadzic. Sein Credo lautete: "Niemals würde ich den Rückzug befehlen" - auch wenn eine Million Opfer zu beklagen wären.

Zunächst gelang es Mladic, mehr als 70 Prozent Bosniens besetzt zu halten, obwohl die Serben nur ein Drittel der Bevölkerung stellten. Erst gegen Kriegsende erzwangen Kroaten und Bosniaken - auch mit Unterstützung der Nato-Luftwaffe - einen Rückzug der Serben. Mit der Unterzeichnung des Friedensvertrags von Dayton verschwand Mladic still von der Bühne.

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