Jon Bon Jovi in München:Perfekt belanglos

Als hätte man eine CD eingelegt: Bei seinem Auftritt im Münchner Olympiastadion besticht Jon Bon Jovi durch absolute Überraschungslosigkeit. Ach ja: Gitarrist Richie Sambora ist auch da.

Jakob Biazza

Richie Sambora ist da. Und eigentlich ist es ungünstig mit dieser Information zu beginnen, weil die einzige Überraschung des Abends damit bereits hier beim Teufel ist. Der Bon-Jovi-Homepage war schließlich lange Zeit zu entnehmen, dass der Gitarrist sich aufgrund von Alkoholproblemen und chronischer Erschöpfung in einer Entzugsklinik in Los Angeles behandeln lasse. Ob und zu welchen Terminen er die Europatournee begleiten würde, war lange unklar.

Jon Bon Jovi

Jon Bon Jovi bei seinem Auftritt im Münchner Olympiastadion.

(Foto: AP)

Sambora also da. Schön. Und deshalb getrost zu wiederholen, weil die Show im Olympiastadion ansonsten hauptsächlich durch ein Merkmal besticht: absolute, idealtypische und reinste Überraschungslosigkeit. Die Band beherrscht nun mal ziemlich genau einen Beat in ziemlich genau drei Tempi, hat für alle drei Hitkonzepte (geachtelter Rock-Stampfer, getragene Ballade und Talk-Box) ziemlich genau jeweils ein Kompositions- und Arrangement-Konzept und gewinnt all dem live nicht ein einziges neues Element ab.

Das wäre übrigens nur dann wirklich belanglos, wenn sie es dafür nicht zur vollständigen Perfektion getrieben hätte. Die Musiker spielen fantastisch exakt (kein Achtel stampft daneben), wunderbar kompromisslos und mit viel Rock-Attitüde; Sambora soliert hie und da tatsächlich noch mit dem herrlich präpotenten Habitus eines 20-Jährigen, Sänger Jon hatte als Frontmann und Entertainer vermutlich schon motiviertere und mit Sicherheit ekstatischere Momente, liefert stimmlich dafür aber über drei Stunden hinweg ein kleineres Wunder an Intonation und Konstanz ab.

Wer also die (Glaubens)Frage, ob Bands live wie auf CD klingen sollten, bejaht - und ignorierte, dass "Keep the Faith", also der einzige Song der den einen Beat der Formation in Ansätzen erweitert, etwas beschämend eiert, schleppt und stolpert -, erfreute sich an einer Parade-Stadion-Show. Der Rest, nun, Richie Sambora war da!

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