Förderung der Solarenergie:Angriff auf die Sonnenkönige

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Weil die Solarenergie so angesagt war, wollte die Regierung die Subventionen zusammenstreichen. Doch viel weniger Menschen kauften Sonnenmodule - die Förderung bleibt deswegen hoch. Subventionsgegner vermuten dahinter Tricks der Branche. Doch die wehrt sich gegen diese Vorwürfe.

Jannis Brühl

Es kann auch zu gut laufen. 2010 wurden so viele Solaranlagen gebaut, dass die Bundesregierung die Subventionierung der erneuerbaren Energieform zurückfahren wollte. Doch jetzt passiert Überraschendes: Die Solarförderung wird vorerst nicht weiter gekürzt - weil der Boom offenbar vorbei ist. Das gibt den Gegnern der Förderung neuen Auftrieb.

Der Ausbau von Solaranlagen ist im Zeitraum von März bis Mai massiv zurückgegangen. Deshalb wird die Förderung zum 1. Juli doch nicht weiter gekürzt. (Foto: dpa)

Der Rückgang der Staatshilfen ist beschlossene Sache. Doch die Kürzung der Förderung um bis zu 15 Prozent zum 1. Juli ist abgeblasen und kommt erst am 1. Januar 2012. Der Grund: Von März bis Mai 2011 wurden viel weniger neue Solaranlagen als erwartet gebaut. Dieser Referenzzeitraum entscheidet aber, ob gekürzt wird.

In den drei Monaten wurden 700 Megawatt installiert, hochgerechnet sind das nur 2800 Megawatt in diesem Jahr. Die Grenze, ab der gekürzt werden sollte, liegt aber bei 3500 Megawatt. Der Hintergedanke dabei: Nur wenn die Solarbranche genug verkauft, darf weniger gezahlt werden.

In der CDU glauben einige nicht daran, dass die Deutschen der Sonennenergie müde geworden sind. Dass so wenige Anlagen gebaut werden, sei Kalkül, sagt Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs. Es sei kein Zufall, dass ausgerechnet im Referenzzeitraum von März bis Mai so wenige Anlagen gebaut wurden: "Es ist sehr einfach für die Solarindustrie zu sagen: Wir liefern einfach später", sagt Fuchs zu sueddeutsche.de. So sei der Zuwachs an Megawatt begrenzt und die Förderkürzung abgewendet worden. Ab Juni, sagt Fuchs, gehe der Schlussverkauf dann wieder los.

CDU-Politiker Fuchs ist fest davon überzeugt, dass es trotz des schleppenden Absatzes keine generelle Krise der Solarenergie gibt. In der zweiten Jahreshälfte werde sie weiter massiv ausgebaut werden - dann mit der weit weniger gekürzten Förderung.

Fuchs war immer ein Freund von Atomstrom und führt seit längerem eine Art Kreuzzug gegen die Solarförderung. Sonnenstrom hält er für ineffizient: Viele Milliarden würden hineingepumpt, und doch kämen nur zwei Prozent des Stroms in Deutschland aus Sonnenenergie. Fuchs sieht sich als einsamer Mahner in der Solarwüste: "Es gibt keine Branche, die so knallharte Lobbyarbeit macht wie die Solarindustrie", sagt er. Wenn schon Förderung, sollte sie pro Jahr auf den Ausbau von Anlagen mit einer Leistung von 1000 Megawatt beschränkt werden.

Carsten Körnig vom Branchenverband Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) zeigt sich belustigt über diese Anwürfe - und dementiert: "Vollkommen wirtschaftsfremd und absurd", sei das, was Fuchs da behaupte, sagte der Geschäftsführer des Verbandes zu sueddeutsche.de. Schließlich müssten die Produzenten Lieferfristen einhalten und könnten es sich nicht leisten, sich abzusprechen und die Lieferungen zu verzögern. Auch Milan Nitzschke, Sprecher des Marktführers Solarworld, wundert sich über Fuchs' Spekulationen und nennt sie völligen Quatsch.

Im Jahr 2010 jubelte die Branche über einen Boom: Von Deutschlands Anlagen mit einer Leistung von 17.000 Megawatt waren allein 7000 erst im vergangenen Jahr installiert worden. Daraufhin stieg die Umlage, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorsieht, um fast 70 Prozent - weil all die neuen Solaranlagen subventioniert werden müssen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) warnte, ein "überhitzter Ausbau der Photovoltaik würde die Kosten erhöhen, die aus der Umlage der EEG-Vergütungen resultieren".

Von einer Überhitzung könne in letzter Zeit keine Rede sein, beschwerte sich die Branche: Der schleppende Ausbau im Frühjahr deute dagegen auf eine "starke Marktabkühlung" hin, heißt es beim BSW. Deshalb gebe es "keinerlei Spielraum mehr für eine noch schnellere Absenkung der Solarstromförderung", heißt es in einer Pressemitteilung.

Grund für den Boom von 2010 sollen unter anderem Vorzieheffekte gewesen sein: Bürger und Unternehmen hätten sich mit Modulen eingedeckt, um dank Förderung noch Geld zu sparen. Warum hat es dann im Referenzzeitraum März bis Mai - also vor der für den 1. Juli angekündigten Kürzung - keinen ähnlichen Boom gegeben? In diesem Jahr, sagt Körnig vom BSW, hätten die Medien das Thema Solarförderung nicht wirklich beachtet.

Allerdings erwartet der Bundesverband auch, dass die Verkaufszahlen ab Juni wieder anziehen. Da sind sich Solarwirtschaft und CDU-Mann Fuchs ausnahmsweise mal einig.

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