Griechenland-Krise:USA knöpfen sich Europäer vor

Stundenlange Diskussionen über Hilfspakete, während "sich die Welt und die Krise weiter drehen": Hochrangige US-Diplomaten kritisieren Europas Krisenmanagement im Fall Griechenland als "sehr schlecht" - und treiben eine Einigung der Euro-Finanzminister aktiv voran. Dahinter steht vor allem Amerikas Angst vor finanziellen Schäden für die eigenen Banken.

Cerstin Gammelin, Luxemburg

Die USA machen zunehmend Druck auf die Europäer, sich auf ein Rettungspaket für Griechenland zu einigen. Bei einem Krisentreffen der 17 Euro-Finanzminister in Luxemburg half der Amerikaner John Lipsky, amtierender Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), persönlich aus, um eine Erklärung der Euro-Gruppe zu weiteren Hilfen für Griechenland zu verabschieden. Er kritisierte die zu lange Diskussion über die Beteiligung privater Gläubiger.

Griechenland-Hilfe

US-Diplomaten kritisieren das Krisenmanagement der EU im Fall Griechenland.

(Foto: dpa)

Es ist essentiell, die Debatte über eine Umschuldung schnell zu beenden", sagte Lipsky am Montag nach dem Treffen. Die Krise in der Peripherie der Euro-Zone erfordere "zusätzliche Hilfen und Aufmerksamkeit, um zu verhindern, dass sie sich ins Zentrum Europas ausbreitet und die ganze Welt ansteckt".

Lipsky hatte an den Beratungen in Luxemburg teilgenommen, weil sich der IWF bislang an den Hilfen für Griechenland beteiligt. Ein hoher EU-Diplomat sagte nach der nächtlichen Sitzung, Lipsky habe die Minister unterstützen müssen, "die eigene Erklärung zu Griechenland zu verabschieden". Zuvor waren Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und sein niederländischer Kollege Jan Kees de Jager an den Einwürfen der anderen Kollegen gescheitert. Umstritten war vor allem, wie und in welchem Umfang Banken, Versicherungen und Fonds an weiteren Hilfen beteiligt werden sollten.

Eine geplante Telefonkonferenz der G-7-Staaten, bei der die Euro-Minister über weitere Hilfen für das südeuropäische Land informieren wollten, wurde zunächst abgesagt. Christine Lagarde, französische Finanzministerin und Favoritin für den Chefsessel des IWF, griff gegen Mitternacht zum Telefon, um die Kollegen in den USA und Japan zu beruhigen.

Laut EU-Diplomaten hatte Lipsky bei seiner ungewöhnlichen Hilfe "auch die Interessen der Amerikaner im Blick". So hat die US-Regierung großes Interesse an der Rettung Griechenlands, da sie andernfalls fürchtet, dass die eigenen Banken und Versicherungen neue Verluste in Milliardenhöhe erleiden könnten. Viele Banken haben sich bei US-Versicherungen gegen das Risiko einer griechischen Pleite versichert. Wird das Land zahlungsunfähig, werden die Prämien fällig.

Europas Krisenmanagement? "Sehr schlecht!"

US-Präsident Barack Obama hatte bereits im Mai 2010 in Berlin und Paris entschlosseneres Handeln angemahnt. Deutschland sei "ein Schlüsselland", um zusätzliche Finanzhilfen für Athen zu beschließen, sagte er beim Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Washington Anfang Juni. Ein in Brüssel stationierter hoher US-Diplomat kritisierte Europas Krisenmanagement als "sehr schlecht". Die Europäer diskutierten jede Kleinigkeit wochenlang, "während sich die Welt und die Krise weiter drehen". Die deutsche Delegation in Luxemburg bestätigte, dass es übers Wochenende "enge Kontakte" mit Washington gegeben habe.

Die Minister einigten sich am Montag darauf, zusätzliche Hilfen für Griechenland durch "staatliche und private Quellen" zu finanzieren. Private Gläubiger seien "willkommen", freiwillig substantiell zu helfen. Die Minister fordern alle Parteien in Griechenland auf, sich zu den vereinbarten Spar- und Reformprogrammen zu bekennen. "Nationale Einheit ist eine Grundvoraussetzung für den Erfolg", heißt es in der Erklärung.

Zudem verabschiedeten die Minister eine Verschärfung des Euro-Stabilitätspakts sowie die Regeln für den von 2013 an geplanten permanenten Rettungsfonds (ESM) und die Aufstockung des derzeitigen Rettungsfonds (EFSF). Beide Fonds sicherten die Stabilität der Euro-Zone, sagte Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker.

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