Griechenland-Krise: Papandreou gewinnt Vertrauensvotum:Abstimmung gewonnen - Vertrauen nicht

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Er hat eine Abstimmung überstanden, aber mehr noch nicht. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou ist trotz des Vertrauensvotums geschwächt, denn er hat mit Unentschlossenheit und fehlender Kraft sein größtes Kapital verspielt: die Opferbereitschaft der Griechen. Nun wächst der Druck von der Straße - und Papandreous Sieg könnte sich bald als wertlos erweisen.

Kai Strittmatter, Athen

Griechenlands Premier hat sich einer Vertrauensabstimmung gestellt. Die Abstimmung hat er gewonnen. Das Vertrauen noch nicht: nicht das seiner Bürger, nicht das der Europäer. Aus den Ränkespielen der vergangenen Woche ist Premier Giorgos Papandreou nicht gestärkt hervorgegangen, sondern geschwächt.

Giorgos Papandreou bei der Vertrauensabstimmung im griechischen Parlament: 155 Abgeordnete stimmten für den Premier, 143 Parlamentarier votierten dagegen. (Foto: Bloomberg)

Kein gutes Omen für das, was nun kommt. Die eigentlichen Prüfungen stehen dem Land erst noch bevor. Nächste Woche soll das Parlament über das neue Sparpaket abstimmen, und um die Mehrheit dort wird Papandreou mehr zittern müssen als um die bei der Vertrauensfrage.

Der Druck der Bürger wächst. Die Griechen sind desillusioniert von ihrer politischen Klasse. Sie sehen einen Oppositionsführer, der sich mit billigem Populismus aus der Verantwortung stiehlt. Und sie sehen einen Premier, der ihnen schwach und wankelmütig erscheint.

Papandreous Vergehen ist es, mit seiner Unentschlossenheit und seiner fehlenden Kraft sein größtes Kapital verspielt zu haben: Die Opferbereitschaft der Griechen. Denn sie waren ja da, vor einem Jahr, der Schock und die Einsicht, dass es so nicht weitergehen kann.

Wenn immer mehr Verzweiflung und Zorn an die Stelle dieser Einsicht treten, dann liegt das daran, dass Papandreou den bequemen Weg gegangen ist: Er hat gespart, wo es am einfachsten war, bei Rentnern, Arbeitern und Angestellten. Strukturreformen aber stehen bislang nur auf dem Papier, die versprochene Steuereintreibung funktioniert noch nicht, die alte Kleptokratie weiß sich noch immer in Sicherheit.

Mit einem dramatischen Appell hat sich Papandreou an das Parlament gewandt. Eine "letzte Chance" sieht er, und wenn man die nicht nutze, dann werde einen "die Geschichte verdammen". Falsch ist das nicht. Aber dramatische Appelle und große Worte hat man vom griechischen Premier schon einige gehört im letzten Jahr. Die eigenen Bürger und die Europäer aber wollen nun nicht länger nur Worte hören, sie wollen Taten sehen.

"Der Fisch stinkt vom Kopf her", schrieb die Zeitung Kathimerini. Wenn er sich nicht bald an diesen Kopf traut, wenn er nicht die Kraft und den Mut zeigt, den die Griechen in ihrer Not von einem Anführer erwarten dürfen, dann wird sich der Sieg von Mittwoch schon bald als wertlos erweisen.

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