VfL Wolfsburg: Diego muss gehen:Der Absteiger des Jahres

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Vom Bremer Dribbelhelden über ein Turiner Missverständnis zum Wolfsburger Dauerproblem: Nach Diegos Fluchtaktion am letzten Spieltag hatte VfL-Trainer Felix Magath keine andere Wahl, den Spielmacher vor die Tür zu setzen. Koste es, was es wolle.

Boris Herrmann

Michael Ballack hat schon genug Häme ertragen müssen, man kommt trotzdem nicht umhin, zu sagen, dass er auch in der Kategorie "Absteiger des Jahres" wieder einmal nur Zweiter geworden ist. Der Titel gebührt spätestens seit vergangenem Wochenende dem Brasilianer Diego.

Wolfsburgs Diego ergriff am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison lieber die Flucht, als sich auf die Bank zu setzen. (Foto: dpa)

Ballack wurde bei seiner endgültigen Ausmusterung aus der deutschen Nationalmannschaft immerhin noch ein hübsches Abschiedsspiel gegen Brasilien angeboten - was er dankend ablehnte. Diego wäre vermutlich froh, wenn es für ihn überhaupt noch etwas gäbe, was er ablehnen könnte. Sein Klubtrainer Felix Magath hat ihm zum Trainingsauftakt in einem kurzen Gespräch mitgeteilt, dass er nie wieder für den VfL Wolfsburg auflaufen werde. Er darf noch so lange mittrainieren, bis sich ein anderer Verein seiner (und vor allem seines Gehalts) erbarmt. Er wird ausgehalten, bis er endlich verschwindet. So nüchtern muss man das wohl sehen.

Diese keineswegs überraschende Entscheidung Magaths markiert den vorläufigen Tiefpunkt einer beispiellosen Absteigergeschichte von einem Bremer Dribbelhelden über ein Turiner Missverständnis hin zu einem Wolfsburger Dauerproblem. Man könnte jetzt argumentieren, dass es bezeichnend für den Werksklub sei, erst einen Spieler teuer einzukaufen, ihn dann rasant herunterzuwirtschaften, um ihn schließlich schmucklos zu verabschieden. Ja, die Akte Diego war letztlich eine große Wolfsburger Geldvernichtungs-Aktion. Der Kontostand des Mutterkonzerns dürfte indes das kleinste Problem in dieser Sache sein.

Das größte Problem (für Diego, für den VfL und vielleicht auch für die Bundesliga) besteht darin, dass Magath gar keine andere Wahl hatte, als seinen Spielmacher vor die Tür zu setzen. Koste es, was es wolle. Diego hatte am letzten und wichtigsten Spieltag der vergangenen Saison lieber die Flucht ergriffen, als auf der Bank Platz zu nehmen. Deutlicher hätte er nicht sagen können, dass er sich in seiner internen Prioritätenliste weit über dem Team einsortieren würde - und zwar grundsätzlich.

In der Realität konnte der Wolfsburger Diego mit dem Bremer Diego auch auf dem Rasen schon länger nicht mehr mithalten. Zu seinem ganz persönlichen Drama gehört, dass er es selbst zuletzt gemerkt hat.

© SZ vom 27.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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