Kinderbetreuung in Schwabing:Die Wut der Eltern

Einfach frustrierend: In Schwabing herrscht ein gravierender Mangel an Kindergarten-, Hort- und Betreuungsplätzen. Die Eltern sind verzweifelt. In einem Protestbrief an Ude sprechen sie von der "Bedrohung unserer finanziellen Existenz."

Ellen Draxel

Maria Burschel empfindet die Situation als frustrierend. Seit Monaten versuchen sie und acht weitere Mütter und Väter, von September an einen Kindergartenplatz für ihre Dreijährigen in einer städtischen Einrichtung zu bekommen. Derzeit besuchen die Kleinen noch die Krippe in der Clemensstraße. Doch nur drei der Kinder wissen inzwischen, wo sie ab Herbst betreut werden - alle anderen hoffen auf Wartelisten.

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Der Mangel an Kindergartenplätzen in Schwabing lässt viele Eltern verzweifeln.

(Foto: dpa)

Angefragt hatten die Eltern unter anderem in den städtischen Kindergärten in der Angererstraße 19 und 21. "Dort sind jeweils 80 Kinder vorgemerkt, insgesamt also 160", bestätigt die Sprecherin des Referats für Bildung und Sport, Eva-Maria Volland. Diese Liste werde aber noch abschmelzen, weil der Abgleich mit den privaten Kindertagesstätten noch laufe und viele Eltern ihre Kleinen mehrfach angemeldet hätten. Deshalb sei es durchaus möglich, bis August einen positiven Bescheid zu erhalten.

Auch Burschel hatte ihr Kind in mehreren Einrichtungen parallel vorgestellt. "Es wird einem regelrecht geraten, sich persönlich bei bis zu zehn Kindergärten anzumelden", sagt sie. Wenn man dann allerdings zehn Absagen erhalte, permanent nachtelefonieren müsse, ob ein Platz frei wurde und im Juli noch immer nichts habe, werde man "langsam panisch - und fühlt sich irgendwie verarscht". Dass es wichtig ist, "dranzubleiben", sagt auch Volland. In den städtischen Einrichtungen reiche es aber, lediglich in einem Kindergarten persönlich mit Kind zu erscheinen. Für vier weitere könne man sich dann vormerken lassen.

Die Eltern reagieren auf solche Informationen zunehmend frustriert und gereizt. Angesichts der zermürbenden und zeitintensiven Suche, sagt Maria Burschel, habe sich unter den Eltern inzwischen "eine gewisse Wut" breitgemacht. Dass es in einer Stadt wie München nicht möglich sei, für ausreichend Kindergartenplätze zu sorgen, "ist einfach nicht zu glauben". Sie alle seien berufstätig mit zwei oder drei Kindern oder alleinerziehend, sie bräuchten einen der bezahlbaren, städtischen Kindergartenplätze und Planungssicherheit.

Zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes sind die meisten auf zwei Einkommen angewiesen. "Wenn wir keinen Kindergartenplatz bekommen", schreiben die Eltern in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Christian Ude, "bedeutet dies eine echte Bedrohung unserer finanziellen Existenz".

Einige der Eltern erwägten bereits, aus München wegzuziehen. "Ist das das Ziel ihrer familienfreundlichen Stadtpolitik, die sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf die Fahnen schreibt?" Wenn Familien weiterhin in Schwabing und der Maxvorstadt wohnen sollen, fordern die Mütter und Väter, müsse Kinderbetreuung künftig verlässlicher und planbarer sein.

Das sieht auch der Bezirksausschuss Schwabing-West so, den Burschel um Unterstützung gebeten hat. In einem parteiübergreifenden Antrag an das Bildungsreferat bitten die Lokalpolitiker um Auskunft, wie die Stadt zusätzliche Betreuungsplätze schaffen will. Derzeit liegt der Versorgungsgrad in Westschwabing bei 66 Prozent - und damit weit unter der angestrebten Marke von 90 Prozent. Ähnlich gravierend ist der Mangel an Hort-, Tagesheim- und Nachmittagsbetreuungsplätzen.

"Die Erfahrung zeigt", heißt es in der Antragsbegründung, "dass der von der Stadt München geplante Versorgungsgrad bei weitem nicht ausreicht". Besonders in Neubaugebieten müsse "der hohe Anteil an Kindern und die Berufstätigkeit der Frauen in der Planung flexibel berücksichtigt werden". Um Lücken wie in den vergangenen Jahren zu vermeiden, bittet der Bezirksausschuss vor allem um aktualisierte Prognosen, mit wie vielen neu zugezogenen Familien die Stadt für den vierten Bauabschnitt am Ackermannbogen, das neu zu bebauende Areal an der ehemaligen Luitpoldkaserne und die Neubauflächen an der Schwere-Reiter- und Dachauer Straße rechnet - und welche neuen Betreuungseinrichtungen vorgesehen sind. Bedacht werden müsse auch die Schulsituation in den kommenden Jahren, argumentieren die Bürger: "Schon jetzt platzt die Gertrud-Bäumer-Schule aus allen Nähten."

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