Katastrophe in Ostafrika:350 Millionen Euro gegen den Hunger

"Wir können nicht akzeptieren, in die Augen hungernder Kinder zu blicken": Langsam läuft die Hilfe der internationalen Gemeinschaft für Ostafrika an. Die Weltbank gibt Geld für die Millionen Dürreopfer frei, die Vereinten Nationen starten eine Luftbrücke nach Somalia.

Andrea Bachstein, Rom

Angesichts der Dürrekatastrophe am Horn von Afrika, durch die zwölf Millionen Menschen vom Hungertod bedroht sind, will die Weltbank mehr als 500 Millionen Dollar (350 Millionen Euro) bereitstellen. Zwölf Millionen davon sollen zur Soforthilfe eingesetzt werden, der Rest werde in langfristige Maßnahmen fließen, teilte Weltbankpräsident Robert Zoellick am Montag mit. Die Bundesregierung hat ihre Hilfe auf 60 Millionen Euro aufgestockt.

Zu massiver und schneller Hilfe für die von der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren heimgesuchte Region hat der Chef der Welternährungsorganisation FAO die Geberländer aufgerufen. Bei einer Krisenkonferenz am FAO-Sitz in Rom sagte Jacques Diouf, in den nächsten zwölf Monaten müssten etwa 1,6 Milliarden Dollar eingesetzt werden, 120 Millionen davon würden allein in den kommenden drei Monaten benötigt, um der von Dürre, dem Ansteigen der Lebensmittelpreise und der politische Instabilität ausgelösten Katastrophe Herr zu werden. Diouf hofft, dass bei einer Geberkonferenz am Mittwoch in Nairobi konkrete Zusagen beschlossen werden.

Der französische Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte in Rom, es gehe beim Eingreifen in der Hungerregion um Moral und um Politik: "Wir können nicht akzeptieren, in die Augen hungernder Kinder zu blicken." Es zeige sich aber in Somalia auch, dass die Sicherstellung der Ernährung ein Faktor für Frieden und politische Stabilität sei.

Vertreter humanitärer Organisation schilderten die Lage vor allem in Somalia als überaus dramatisch. Die Vorsitzende des Hilfswerks Oxfam, Barbara Stocking, sagte: "Es existiert kein drängenderes Problem als die Millionen Menschen, die in diesem Teil Afrikas vor dem Verhungern stehen." Es gebe für die führenden Politiker der Welt "keine Entschuldigung, wenn sie nicht großzügig sind". Die Direktorin des Welternährungsprogramms WFP, Josette Sheeran, war direkt aus Somalia angereist. Sie sagte, sie habe noch nie Schlimmeres gesehen. Ihre Mitarbeiter seien verzweifelt, weil die Helfer durch die Angriffe der Milizen daran gehindert würden, Lebensmittel zu den Hungernden zu bringen.

Insbesondere drohten Millionen Kindern bleibende Schäden, und Hunderttausende könnten sterben, warnte Sheeran. Bereits jetzt seien viele Kinder in einem Stadium ihres Leidens, in dem die Überlebenschance nur bei 40 Prozent liegt. Das WFP bringe aus allen verfügbaren Lagern Lebensmittel an das Horn von Afrika. Hoffnung setzt die WFP-Direktorin dabei auf eine neu entwickelte Babynahrung, die sie in Rom vorstellte. Sie kann ohne Wasser zubereitet werden.

Die Helfer erreichten derzeit etwa 1,5 Millionen Menschen, sagte Sheeran. Das WFP bereitet unterdessen eine Luftbrücke für 2,2 Millionen Hungernde im Süden Somalias vor. An diesem Dienstag soll ein erster Hilfsflug mit 84 Tonnen Fertignahrung in der somalischen Hauptstadt Mogadischu eintreffen.

Über die Forderung, dass jenseits der Soforthilfe dringend langfristig in die globale Landwirtschaft investiert werden müsse, herrschte in Rom Einigkeit. Kanayo F. Nwanze, Chef des Fonds für Landwirtschaftsentwicklung IFAD, erhob in Rom den Vorwurf, dass die meisten afrikanischen Länder ihre Zusagen, in die Landwirtschaft zu investieren, nicht eingehalten hätten.

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