Gefallener Golfer Tiger Woods:"Er hält das für den Weg aus der Hölle"

Tiger Woods ist zurück nach drei Monaten Spielpause - doch was ist mit ihm los? Nur wenig erinnert noch an den Wundergolfer von einst, und er selbst scheint nichts zu merken: Er ist so wortkarg wie selbstbewusst.

Petra Himmel

Tiger Woods ist zurück, die Blicke sind auf ihn gerichtet im Firestone Country Club beim W.G.C. Invitational in Ohio. Die Leute wollen wissen, was er leisten kann nach seiner dreimonatigen Spielpause, ob sich etwas verändert hat bei ihm.

Tiger Woods of the U.S. reacts after his shot from the fairway on the 13th hole during the second round of the WGC Bridgestone Invitational PGA golf tournament at Firestone Country Club in Akron

Tiger Woods in Akron: Nur wenig erinnert an den Wundergolfer, als der er einst verehrt wurde.

(Foto: REUTERS)

Aber Tiger Woods tut so, als hätte es gar keine Pause gegeben, und auch sonst nichts, was seine Ansprüche gedämpft haben könnte. "Bei der Anmeldung habe ich an den Sieg gedacht", sagt er. Woods ist wortkarg und selbstbewusst. Ganz der Alte. "Meine Erwartungshaltung ist die gleiche wie immer."

Aber die Haltung seiner Mitarbeiter, Fans und Zuschauer hat sich verändert. Was, so fragt sich die Golfszene, kann man vom früheren Weltranglistenersten sportlich noch erwarten? "Die Zukunft wird es zeigen", sagt Manager Mark Steinberg. Zur Form seines Klienten sagt er nichts. Wie auch? Als man Woods im Mai zuletzt auf einem Golfplatz sah, humpelte er nach neun Löchern in sechs über Par Richtung Clubhaus und beendete die Players Championship vorzeitig. Das Knie spielte wieder nicht mit, inzwischen hat er vier Operationen hinter sich.

Schlagzeilen um Tiger Woods gab es danach reichlich. Kaum eine handelte von rein sportlichen Belangen. Den Managementvertrag mit IMG kündigte er, als Mark Steinbergs Vertrag mit der Agentur nicht mehr verlängert wurde. Steve Williams, Caddie seit zwölf Jahren, feuerte er wegen fehlender Loyalität und beendete damit die erfolgreichste Spieler-Caddie-Beziehung der Geschichte.

Und seine Suche nach professionellem Ersatz verlief erfolglos, als Aushilfe fungiert der alte Collegefreund Bryon Bell, der sich ansonsten um den Geschäftszweig Golfplatzdesign kümmert.

In Zahlen betrachtet, hat die Karriere von Tiger Woods, 35, in den vergangenen drei Monaten eine beachtliche Abwärtsspirale erreicht. Zwei Majors verpasste er, sein letzter Turniersieg in den USA liegt mittlerweile 22 Monate zurück. In der Weltrangliste liegt er auf Position 28, in der aktuellen Geldrangliste der US PGA Tour auf Position 135.

Für die Playoffs des Fed Ex Cups, die nur die 125 besten Spieler zulassen und in zwei Wochen beginnen, wäre er damit nicht qualifiziert. Hinzu kommt die Umwandlung seines Schwungs, die 2010 mit der Verpflichtung von Trainer Sean Foley begann, welche die stetigen Unterbrechungen jedoch stark behindern. Das Team hat erst Ende vergangener Woche die Arbeit wieder aufgenommen, und Foley sagt über Woods' Form vorsichtig: "Er ist geheilt, das ist viel besser, aber wir müssen langsam und klug einen Weg zurück finden."

Die Kollegen betrachten diesen Weg mit Skepsis: "Wir wollen alle mehr wissen, wir stellen Vermutungen darüber an, was los ist, wie gut er spielen wird", sagt der Amerikaner Matt Kuchar. Es ist dieses zwanghafte, unangenehme Neugier, die Menschen beschleicht, die an einem Verkehrsunfall vorbeifahren. Soll ich hinsehen? Eigentlich will ich ja nicht.

Die Golfszene hat sich verändert

Woods hat sich für die offensive Antwort auf alle Fragen entschieden. Sein Start in Ohio kam überraschend. "Er spielt aus reiner Verzweiflung", sagt der frühere Profi und heutige TV-Kommentator Brandel Chamblee. "Er glaubt, dass dies der einzige Weg aus der Hölle ist. Er will allen beweisen, dass sie im Unrecht sind. Er fühlt wahrscheinlich den Druck der Sponsoren und weiß, dass ihm die Zeit durch die Finger gleitet."

Tatsächlich hat sich die Szene seit dem 27. November 2009, dem Tag, an dem die Skandale um Woods mit seinem Autounfall begannen, stark verändert. Viele der jungen Profis, die diese Woche mit Woods am Start sind, kennen ihn hauptsächlich aus dem Fernsehen. Alte Wegbegleiter wie Phil Mickelson oder Jim Furyk treten allmählich zurück. "Es gibt da eine Menge neuer Jungs", hat Woods festgestellt. Ehrfurcht vor dem 14-maligen Majorsieger kennen sie nicht.

Der Rummel, der Tiger Woods diese Woche in Ohio begleitet, mag sie verwundern. Wozu der Hype um einen Spieler, der eine solide 68er Runde zu Beginn absolvierte, nach einer 71 am zweiten Tag aber auf Platz 38 zurückfiel, mit schon sieben Schlägen Rückstand auf die Führenden? Warum umgibt ihn ein Schwarm von Journalisten, während der Weltranglistenerste Luke Donald fast unbeobachtet trainiert?

Von Woods geht immer noch eine so große Anziehungskraft aus, dass manche Medien die Ankündigung der PGA Tour, man werde den Platz am Dienstag für die Öffentlichkeit schließen, als Gefälligkeit für Woods deuteten, damit der seine Einspielrunde in Ruhe absolvieren konnte. Tatsächlich hatten die Veranstalter nur festgestellt, dass in den vergangenen Jahren das Zuschauerinteresse am Dienstag so gering war, dass es billiger sei, an diesem Tag die Anlage zu schließen.

An Tiger Woods perlt die Aufgeregtheit ab. Wenn er spricht, dann über sein Golf. "Es hat Spaß gemacht, einfach den Ball mal wieder mit so einem flüssigen Gefühl und Geschwindigkeit zu schlagen", sagte er am Donnerstag.

Nächste Woche spielt er die US PGA Championship, das letzte Major des Jahres in Atlanta. Glory's Last Shot, die letzte Chance auf den Ruhm, wird das Turnier genannt. Zu keinem Profi passt es derzeit so gut wie zu Tiger Woods.

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