Karriereende für Birgit Prinz:"Dann verliert man den Spaß"

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Ende einer Ära: Vier Wochen nach der enttäuschenden Frauenfußball-WM in Deutschland zieht sich Rekordspielerin Birgit Prinz zurück. Ihre Entscheidung habe nichts mit den jüngsten Rückschlägen zu tun, behauptet sie - tatsächlich wurde ihr die Spielfreude mitten im Turnier genommen.

Carsten Eberts

Der Zeitpunkt der Pressekonferenz verriet eigentlich schon alles. Während ihre Kolleginnen vom 1.FFC Frankfurt beim Trainingslager in Polen schwitzten, lud Birgit Prinz die Medienvertreter gesammelt nach Frankfurt ein. Alles andere als die Nachricht über ihr Karriereende wäre eine weitere Pointe in diesen tragische Wochen im Fußballerleben von Birgit Prinz gewesen - doch dazu kam es nicht.

Karriereende in aller Stille: Birgit Prinz. (Foto: dpa)

Prinz verkündete in knappen Worten, was alle erwarteten: Sie beendet nicht nur ihre Karriere in der Nationalmannschaft, sondern mit sofortiger Wirkung auch im Vereinsfußball. "Für mich ist der Moment gekommen, meine Karriere als aktive Fußballspielerin nach 25 Jahren zu beenden", sagte Prinz in Frankfurt: "Fußball ist eine der größten Leidenschaften in meinem Leben. Deshalb ist es mir schwer gefallen, das Kapitel zu beenden."

Nationalmannschaftsmanagerin Doris Fitschen würdigte Prinz: "Eine der größten Persönlichkeiten im Frauenfußball und gesamten deutschen Sport ist abgetreten. Das ist schade, aber ich habe das Gefühl, sie ist mit sich im Reinen." Ob sie ein offizielles Abschiedsspiel erhält, steht noch nicht fest. "Natürlich wird der DFB darüber beraten, wie Birgit Prinz offiziell und angemessen verabschiedet werden kann", sagte auch DFB-Präsident Theo Zwanziger.

Nach 214 Länderspielen, drei Krönungen zur Weltfußballerin und Rekordwerten als Torschützin in der deutschen Liga und der Nationalmannschaft hört Prinz also auf. Sie hatte sich bewusst einige Wochen Zeit genommen, die Enttäuschung der Heim-WM in Deutschland sacken zulassen und sich erst dann wieder zu Wort zu melden. "Ich habe die Entscheidung bewusst und gut überlegt getroffen und nicht aus der Emotion nach der WM heraus", sagte Prinz.

Prinz' Rücktritt vom Leistungssport deutete sich dennoch während der WM an. Das Turnier sollte das große Finale ihrer großen Karriere werden - und wurde das komplette Gegenteil. Nicht nur, dass Deutschland den ersehnten Titel im eigenen Land eindeutig verpasste: Prinz begann das Turnier als Stammspielerin, agierte jedoch ungewohnt mäßig, wurde in den ersten Partien von Bundestrainerin Silvia Neid früh ausgewechselt, anschließend gar bloßgestellt, als Neid an sich vertrauliche Gespräche mit ihrer Patientin öffentlich ausplauderte.

Die deutsche Rekordfußballerin beendete das Turnier als Einwechselspielerin, ohne jedoch eingewechselt zu werden. Das 0:1 im Viertelfinale gegen Japan erlebte Prinz von der Bank aus. Es standen andere im Mittelpunkt, Célia Okoyino da Mbabi etwa oder Simone Laudehr, nicht mehr Birgit Prinz.

WM 2011: Deutsches Aus
:Tränen statt Titel

Das WM-Aus gegen Japan trifft die DFB-Frauen hart - nach dem Schlusspfiff weinen die Spielerinnen auf dem Rasen und verabschieden sich geknickt und fassungslos von ihren Fans.

Bildern

Die zweifache Weltmeisterin ertrug ihre öffentliche Degradierung zwar mit Unverständnis, äußerte sich jedoch kaum. Anders ihr Vater Stefan, der Neid offen zum Rücktritt aufforderte ("Die Frau ist nicht in der Lage, ein Team zu führen").

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Tochter Birgit distanzierte sich davon, sagte: "Es ist nicht richtig, jetzt einer Person die Schuld zu geben. Es wäre nicht mein Stil, mich öffentlich so zu äußern, und ich finde es inhaltlich auch falsch, die Dinge so undifferenziert darzustellen." Es war eine typische Prinz-Äußerung. Alle Fragen zu einem möglichen Karriereende wies sie zunächst jedoch von sich.

Das holte sie nun nach - mit vierwöchiger Verspätung. Prinz wäre gerne still und leise abgetreten, ohne öffentliches Aufsehen, denn der große Auftritt wurde nie eine Lieblingsdisziplin von Prinz. Über die Jahre lernte sie zwar, mit den Medien umzugehen. Sie nutzte solche Termine jedoch nicht für sich, sondern erledigte Presseauftritte meist missmutig-pflichtbewusst, weil es ihrer Sportart guttat. Nicht, weil es ihr guttat.

"Das Hin und Her in den vergangenen Wochen war sehr anstrengend und hat mich emotional schon sehr berührt", sagte Prinz nun: "An einem Tag hieß es 'Ja', am anderen 'Nein'. Irgendwann stand der Rücktritt dann relativ fest."

Ihr Leben nach dem Fußball hat Prinz längst geregelt. Nach drei Ausbildungen hat sie inzwischen ein Psychologie-Studium abgeschlossen und arbeitet bereits mit einem Frankfurter Institut zusammen. Auch ist angedacht, dass Prinz bei ihrem Klub, dem 1.FFC Frankfurt, künftig andere Aufgaben übernimmt. Sie hat beruflich noch einiges vor.

"Wenn man sich zu stark auf den Fußball fokussiert, verliert man den Spaß", sagte Prinz vor einigen Monaten. Den großen Spaß hatte sie längst verloren - der Rücktritt an diesem Freitag war deshalb die logische, letzte Konsequenz.

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