Streit zwischen Hoffenheim und Dortmund:Schrille Töne gegen Fan-Beleidigungen

Dortmunder Fußball-Fans klagen, sie seien während ihrer Schmähgesänge gegen den Hoffenheimer Mäzen Dietmar Hopp von einem schmerzenden Lautsprecher-Ton beschallt worden. Die TSG 1899 will von nichts wissen, die Polizei ermittelt.

Thomas Hummel

Dietmar Hopp hat sich einiges anhören müssen, seitdem er mit seinem Verein TSG 1899 Hoffenheim die große deutsche Fußballbühne betreten hat. Der Milliardär und Mäzen des Dorfklubs ist beliebtes Feindbild gerade der sehr sing- und brüllfesten Ultra-Gruppierungen anderer Vereine. Hopp ist ihnen Sinnbild für den Kommerz im Fußball, für angeblich künstlich aufgepumpte Retortenklubs ohne Seele.

Streit zwischen Hoffenheim und Dortmund: Zwischen Schmähgesang und Ohrensausen: Dortmunder Fans in Hoffenheim.

Zwischen Schmähgesang und Ohrensausen: Dortmunder Fans in Hoffenheim.

(Foto: AP)

Die Fans aus Dortmund etwa sind sehr stolz auf die lange und ruhmreiche Tradition ihrer Borussia und können mit dem SAP-Gründer wirklich gar nichts anfangen. Außer, dass sie im Sinsheimer Stadion mal so richtig ihrer Leidenschaft des Beschimpfens und Beleidigens nachgehen können. Am Samstag war es wieder so weit. Hopps Mutter zum Beispiel wurde aus Hunderten Kehlen als liederliches Mädchen bezeichnet. Dabei wollte die doch einst, dass ihr Dietmar ein Lehrer wird und kein Computer-Millionär und Sport-Mäzen.

Doch diesmal ergriff in Hoffenheim jemand Gegenmaßnahmen. Wer, das ist noch nicht ganz klar, aber er sorgte jedenfalls dafür, dass auch einigen Dortmunder Brüllfans am Abend der Kopf schwirrte.

Viele Fans von Borussia Dortmund klagen seit Samstag darüber, dass bei ihren unflätigen Schimpf- und Schandeliedern gegen Hopp ein lauter Ton über den Gästeblock schrillte und knarzte, offenbar ausgelöst von einem Lautsprecher unterhalb der Tribüne. Anhänger der Borussia haben Fotos der Maschine geknipst und sie im Internet veröffentlicht. Auch ein Video soll die Belästigung der Dortmunder Fans beweisen.

Nun äußerte sich Jens Volke, hauptamtlicher Fanbeauftragter des BVB: "Das war ein sehr lautes, schrilles Geräusch, das immer dann zu hören war, wenn Schmähgesänge angestimmt wurden. Ein grelle Fiepen, über das wir im Vorfeld des Spiels durch 1899 Hoffenheim nicht informiert wurden."

Zwischen den organisierten BVB-Fans und der TSG Hoffenheim bahnt sich nun ein Streit an, der es an Schrillheit bald locker mit der mutmaßlichen Maschine aufnehmen kann. Zunächst schrieben die Dortmunder Fans von borussen.tv von Stasi-Methoden und dann eine E-Mail an die Pressemitteilung der TSG Hoffenheim, mit der Frage, was das zu bedeuten habe.

TSG-Pressesprecher Markus Sieger antwortete: "Die TSG 1899 Hoffenheim hat zu keinem Zeitpunkt weder Hochfrequenztöne noch sonstige Beschallungen einzelner Tribünenbereiche im Rahmen des Bundesligaheimspieles gegen Borussia Dortmund über die Beschallungsanlage der WIRSOL Rhein-Neckar-Arena vorgenommen und wird dies im Übrigen auch unter Verweis auf die DFL Spielordnung und die Grundsätze des Fairplays auch zukünftig nicht tun. Wir wurden von vereinzelten Gästen im Nachgang des gestrigen Spieles davon in Kenntnis gesetzt, dass offenbar ein Zuschauer eine lautstarke Fanfare als Fanutensil ins Stadion eingebracht und diese insbesondere - nicht aber ausschliesslich - bei diffamierenden Gesängen der Gästefans eingesetzt hat. Wir werden den Ordnungsdienst sensibilisieren, zukünftig ein besonderes Augenmerk auf das Einbringen von solchen Fanfaren zu legen.

Die Vorwürfe eines vorsätzlichen Handelns des Veranstalters sind haltlos. Die TSG 1899 Hoffenheim wird sich Ihrerseits weitere rechtliche Schritte vorbehalten."

Hopp: "Dann müsste ich 200 Anzeigen erstatten"

Weiter soll Hoffenheims Pressemann den Dortmunder Anhängern mitgeteilt haben, dass man sich im Kraichgau den Vorfall nur so erklären könne, dass "sich Einzelpersonen oder eine kleine Gruppe Zugang zum abgesperrten Bereich vor dem Gästeblock verschafft hat".

Geschäftsführer Frank Briel sagte der Rhein-Neckar-Zeitung: "Damit haben wir als Verein nichts zu tun. Es ist für uns unklar, wie dieser Gegenstand bei den sorgfältigen Kontrollen in die Arena gekommen ist."

Die Fans erwidern nun, diese Einzelperson müsse aber sehr gute Kontakte haben, da man einen solchen Lautsprecher schließlich nicht in der Hosentasche ins Stadion schmuggeln könne. Außerdem benötigte diese Einzelperson Zugang zu Strom. Auf Fotos sei zu erkennen, dass sich ein Ordner neben dem Gerät aufgehalten habe, womit der Eindruck entstehe, der Klub duldete entweder den Vorgang, oder habe ein veritables Sicherheitsproblem.

Da angeblich einige Fans über Ohrensausen oder Kopfschmerzen klagen, ruft borussen.tv dazu auf, Strafanzeige wegen vorsätzlicher Körperverletzung gegen Unbekannt zu stellen. Eine solche nehme jede örtliche Polizeidienststelle entgegen, wie die Betreiber des Portals sachgerecht mitteilen.

Die Heidelberger Polizei hat nun Ermittlungen gegen 1899 aufgenommen. Das bestätigte Polizeisprecher Harald Kurzer. "Bei uns ist heute eine Anzeige von einem Fan aus Pforzheim eingegangen", sagte Kurzer: "Wir prüfen den Verdacht der Körperverletzung."

Dietmar Hopp sagte dazu: "Wer mich 90 Minuten lang permanent beleidigt, sollte nicht so empfindlich reagieren. Wenn die BVB-Fans Anzeige erstatten, dann müsste ich 200 Anzeigen wegen Beleidigung erstatten."

Die herzliche Abneigung zwischen den Anhängern des Traditionsvereins Borussia Dortmund und dem Dorfklub aus Hoffenheim erreicht vielleicht bald die ordentlichen Gerichte.

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