Klausur der FDP-Bundestagsfraktion:Westerwelle kämpft um sein Amt

Trotz aller Kritik - führende FDP-Politiker stärken Guido Westerwelle den Rücken und haben Gerüchte zurückgewiesen, er könne auf der Fraktions-Klausur die Vertrauensfrage stellen. Westerwelle gehe davon aus, "dass er das Vertrauen der Fraktion besitzt", heißt es aus der Umgebung des Ministers.

Guido Westerwelle plant offenbar nicht, in der FDP-Bundestagsfraktion die Vertrauensfrage über seine Zukunft als Außenminister zu stellen. "Diese Frage stellt sich nicht, weil der Außenminister davon ausgeht, dass er das Vertrauen der Fraktion besitzt", hieß es aus seiner Umgebung. Die 93 Abgeordneten der Liberalen treffen sich von heute Nachmittag an zu einer dreitägigen Klausur auf Schloss Bensberg in Bergisch-Gladbach.

Westerwelle Faces Isolation Within His Party

Viele wichtige FDP-Politiker bekunden trotz der massiven Kritik an seiner Libyen-Politik ihre Solidarität: Außenminister Guido Westerwelle.

(Foto: Getty Images)

Die Rheinische Post hatte in ihrer heutigen Ausgabe unter Berufung auf Parteikreise berichtet, dass Westerwelle erwäge, in seiner Fraktion die Vertrauensfrage zu stellen. Westerwelle sei fest entschlossen, um sein Amt zu kämpfen. Deshalb müsse es eine "klare Entscheidung" geben, ob die Partei ihn noch im Amt des Außenministers haben wolle.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle wies die Gerüchte um die Vertrauensfrage jedoch umgehend zurück. "Davon ist mir nichts bekannt", sagte Brüderle vor Beginn der Klausur in der ARD. Er wäre von derartigen Plänen Westerwelles sicher informiert worden. "Deshalb ist das kein Thema", sagte Brüderle. Westerwelle könne "sehr wohl" bis Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben.

Auch der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr schloss am Dienstag im WDR aus, dass Westerwelle die Vertrauensfrage stellen wird. Entwicklungsminister Dirk Niebel, der als einer der möglichen Nachfolger gilt, sagte, er stehe "ausdrücklich zu meinem Kollegen Guido Westerwelle".

Westerwelle steht wegen seiner Haltung zum Libyen-Einsatz der Nato auch in den eigenen Reihen in der Kritik. Er hatte den Nato-Partnern erst am Sonntag Respekt für ihren Einsatz gezollt, nachdem er bereits vergangene Woche darauf hingewiesen hatte, wie wichtig die von Deutschland vorangetriebenen Sanktionen für den Sturz von Muammar al-Gaddafi gewesen seien.

Werner Hoyer als Nachfolger im Gespräch

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler hatte gestern deutlich gemacht, dass Westerwelle ein Minister auf Bewährung sei. Wie die Leipziger Volkszeitung unter Berufung auf das direkte Umfeld Röslers schreibt, will die Führung der Liberalen aber erst nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September darüber entscheiden, ob das Außenministerium neu besetzt wird. Der Vizekanzler und der FDP-Generalsekretär Christian Lindner seien sich einig, dass Westerwelle im Fall eines zu erwartenden schlechten Wahlergebnisses abgelöst wird - durch den außenpolitischen Fachmann Werner Hoyer, derzeit Staatsminister im Außenamt.

Fallengelassen habe man hingegen Überlegungen, mit dem Europa-Politiker Alexander Graf Lambsdorff eine weitere jüngere FDP-Fachkraft nach Berlin zu holen, heißt es in dem Bericht. Man wolle keine neue Debatte über politische Profiltiefe und keine neuerlichen Proteste aus der Bundestagsfraktion.

Bahr und Pieper stellen sich hinter Westerwelle

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, der frühere Fraktionschef Hermann Otto Solms und die Außenamts-Staatsministerin Cornelia Pieper stellten sich hinter Westerwelle. Sie zeigten sich davon überzeugt, dass er Außenminister bleiben werde. Bahr nannte die Rücktrittsforderungen der Opposition in der Westdeutschen Zeitung eine "parteitaktische Phantomdebatte". Schließlich habe es bei der deutschen Enthaltung zum Libyen-Einsatz im UN-Sicherheitsrat auch Beifall von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gegeben.

Pieper sagte der Mitteldeutschen Zeitung, dass hinter der Enthaltung die gesamte Bundesregierung und nicht nur ein einzelner Minister gestanden habe. Ähnlich äußerte sich Solms. "Guido Westerwelle ist und bleibt der deutsche Außenminister", sagte Pieper. "Er ist fester Bestandteil des Teams in der FDP. Und er macht seine Aufgabe außerordentlich gut." Auch die Jungen Liberalen forderten ein Ende der Personaldebatte um Westerwelle.

Ein FDP-Funktionär kritisierte in der Leipziger Volkszeitung den "autistischen Führungsstil" der neuen Parteiführung. Rösler sei "zu keinem Zeitpunkt" mit dem Außenminister im Gespräch gewesen, um für die öffentliche Debatte eine abgestimmte Haltung nach dem Sieg der libyschen Rebellen über Gaddafi zu verabreden.

Westerwelle habe die FDP "zum besten Ergebnis aller Zeiten" geführt

Kritik an der Debatte kommt noch zusätzlich von den FDP-Wahlkämpfern aus Berlin und Mecklenburg-Vorpommern: Der Spitzenkandidat der Berliner FDP, Christoph Meyer, verlangte im Tagesspiegel (Mittwochausgabe) von der Führung der Liberalen um Parteichef Philipp Rösler, die Diskussion müsse "klar, schnell und unmissverständlich" beendet werden. Sie störe die Sacharbeit der Wahlkämpfer.

Auch der Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern, Gino Leonhard, sagte: "Personaldebatten bringen uns im Wahlkampf nicht weiter." Er lobte Westerwelle als Politiker, der die FDP "zum besten Ergebnis aller Zeiten" geführt habe. Deshalb verdiene er "liberalen Respekt". Der Fraktionschef im Schweriner Landtag, Michael Roolf, warf der Parteiführung vor, sie betreibe "offensichtlich die Fortsetzung eines unwürdigen Ränkespiels" und nehme damit einen weiteren "Nackenschlag" für die Landtagswahl hin.

SPD fordert von der Kanzlerin ein Ende der Debatte

Die SPD rief Bundeskanzlerin Angela Merkel unterdessen auf, ihre Richtlinienkompetenz wahrzunehmen und die Debatte über Westerwelle zu stoppen. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Gernot Erler sagte den Kieler Nachrichten, Deutschland könne sich keinen Außenminister auf Abruf leisten.

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