68. Filmfestspiele in Venedig:Spielverderber aus Hollywood

Was für ein perfekter Eröffnungsfilm: Die Festspiele in Venedig beginnen mit "The Ides of March" von George Clooney. Doch was die Spielregeln des Festivals angeht, spielt Clooney nicht ganz mit: Er wird schweigen, keine Interviews, nichts. Denn er fürchtet die italienische Presse - die in seiner Gegenwart oft einen unzurechnungsfähigen Eindruck macht.

Susan Vahabzadeh

Die 68. Mostra beginnt am Mittwochabend mit "The Ides of March" - eigentlich der perfekte Eröffnungsfilm für ein Festival, besonders für die Filmfestspiele in Venedig: ein politisches Psychodrama um einen Wahlkampfmanager (Ryan Gosling) und den von ihm idealisierten Kandidaten, George Clooney, der auch das Drehbuch geschrieben und Regie geführt hat. Das ist genau die Mischung, Glamour und gleichzeitig ein cineastischer Anschlag auf den ganzen Politikbetrieb, von dem Festivalmacher träumen.

George Clooney

Auch wenn er vor der italienischen Presse lieber gar nicht erscheinen würde, darf George Clooney mit seinem vierten Regiefilm das 68. Filmfestival von Venedig eröffnen.

(Foto: AP)

Was die Spielregeln des Festivals angeht, spielt Clooney allerdings nur halb mit: Er wird, wurde angekündigt, schweigen. Keine Interviews, gar nicht. Das hat wohl weniger damit zu tun, dass er etwa zu seinem Film nicht Rede und Antwort stehen könnte - Gerüchten zufolge fürchtet er, die italienische Presse könne ihn dafür abstrafen, dass er sich unlängst von seiner italienischen Freundin getrennt hat. Die Italiener betrachten Clooney, seit er sich in Como niederließ, als einen der ihren, die private Liaison hat das noch befeuert.

Er hätte auch ohne die Trennung schon guten Grund gehabt, italienische Journalisten zu fürchten - sie machen in Clooneys Gegenwart nicht immer einen zurechnungsfähigen Eindruck. Bei seinen bisherigen Pressekonferenzen in Venedig gab es Heiratsanträge und Spontan-Striptease, Verleiher berichten hinter vorgehaltener Hand von Interviews, die so entgleisten, dass sie abgebrochen wurden. Venedig, das ehrwürdige älteste Filmfestival, muss diesen Zirkus zulassen - immer noch besser, als von weiten Teilen der italienischen Presse ignoriert zu werden, die über das Festival nur noch in den Klatschspalten berichten. Venedig droht, mehr als Cannes oder Berlin, eine Krise.

Marco Müller wird in diesem Jahr das Festival zum achten und letzten Mal leiten, dann wird er wieder Filmproduzent - er hat der Mostra zwar noch mal ein paar grandiose Jahre beschert, aber die Zukunft bleibt ungewiss: Der neue Festivalpalast ist nicht fertig, was eine Frage des Geldes ist und der Politik; die Verantwortlichen investieren lieber in das 2006 neu gegründete Filmfest in Rom, wo nationale Produktionen bessere Chancen haben. Für die Konkurrenz in Toronto, wo das Festival am 8. September beginnt, noch vor Ende der Mostra, kann die italienische Politik nichts - viele Jahre profitierte Venedig von den Kampagnen für amerikanische Filme, die für die Oscars in Frage kamen.

Die werden immer öfter in Toronto gezeigt, aus Kostengründen. Die Überschneidung hat zur Folge, dass man in Venedig versucht, alles, was Rang und Namen hat, in die ersten Festivaltage zu packen, bevor die ersten Einkäufer und Journalisten abreisen, um für Toronto zu packen: In der ersten Festivalhälfte gibt es im Wettbewerb Polanskis "Carnage/Der Gott des Gemetzels" - mit Jodie Foster, Kate Winslet, Christoph Waltz -, David Cronenbergs "A Dangerous Method" mit Keira Knightley, Marjane Satrapis "Poulet au prunes" mit Mathieu Amalric und Isabella Rossellini, die John-le-Carré-Verfilmung "Tinker, Tailor, Soldier, Spy" mit Colin Firth, dazu außer Konkurrenz Madonnas "W. E.", Steven Soderberghs "Contagion" mit Matt Damon und Winslet, und Al Pacinos "Wilde Salome". In der zweiten Hälfte gibt es dann viel zu entdecken, asiatische und europäische Filme, aber die Paparazzi hat Matthew McConaughey, der die Hauptrolle in William Friedkins Wettbewerbsbeitrag "Killer Joe" spielt, ganz für sich allein.

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