Deutsche Bahn erhöht Ticketpreise:Nach der Großzügigkeit kommt die Gier

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Verspätete, manchmal überhitzte und fast immer überfüllte Züge: Angesichts dieser miserablen Leistung verzichtete die Deutsche Bahn im vergangenen Jahr auf eine Erhöhung der Ticketpreise. Und wurde für ihre vermeintliche Einsicht gelobt. Doch die Großzügigkeit war nur vorgetäuscht - gierig holt sich das Unternehmen die entgangenen Gewinne nun mit einer saftigen Preissteigerung zurück.

Daniela Kuhr

Überraschend kam das nicht: Wie fast jedes Jahr will die Bahn auch in diesem Winter wieder ihre Preise erhöhen. Von Mitte Dezember an werden Tickets im Fernverkehr im Schnitt um knapp vier Prozent teurer. Und wie in jedem Jahr hat der Konzern gute Erklärungen dafür: Diesmal sind es die deutlich gestiegenen Energiepreise sowie höhere Personalkosten. Beides sind Tatsachen, an denen nicht zu rütteln ist, beides verteuert Bahnfahren. Und dennoch sind die Preiserhöhungen falsch.

Von Mitte Dezember an müssen Zugreisende am Fahrkartenschalter tiefer in die Tasche greifen: Die Deutsche Bahn erhöht die Ticketpreise im Fernverkehr um durchschnittlich knapp vier Prozent. (Foto: dapd)

Im vergangenen Jahr hatte der Konzern tatsächlich mal eine Ausnahme gemacht. Erstmals seit acht Jahren hatte er darauf verzichtet, die Tickets für den Fernverkehr zu verteuern. Begründet worden war das mit den diversen Problemen bei den ICE-Zügen. Sie waren häufig verspätet, manchmal überhitzt und fast immer überfüllt. Dass die Bahn damals den sonst üblichen Preisanstieg unterließ, war insofern nur konsequent.

Dennoch wurde der Verzicht allgemein gelobt, vermutlich, weil man so viel Einsicht bei der Bahn nicht gewohnt war. Jetzt aber, ein Jahr später, rückt der Konzern das Bild wieder gerade. Zwar mag die nun angekündigte Preiserhöhung um vier Prozent angesichts der allgemeinen Preissteigerungen moderat klingen, für die Bahn aber ist es ein eher happiger Schritt. 2009 etwa hatte sie die Tickets nur um 1,8 Prozent verteuert.

Wenn Tickets also künftig um vier Prozent teurer werden, drängt sich der Eindruck auf, dass die Bahn einfach das nachholt, worauf sie letztes Jahr angeblich so großzügig verzichtet hat. Und das, obwohl die Probleme mit den ICEs immer noch nicht gelöst sind.

Es war also kein Verzicht, es war nur ein Aufschub - und das Lob damit verfrüht.

© SZ vom 14.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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