Kämpfe an der Grenze zum Irak:PKK greift türkische Armee an - viele Tote

Kurdische Rebellen haben bei einem Angriff auf die türkische Armee an der Grenze zum Irak 26 Soldaten und Polizisten getötet. Beobachtern zufolge handelt es sich um den schwersten Zwischenfall seit den achtziger Jahren. Ministerpräsident Erdogan hat seinen geplanten Besuch in Kasachstan abgesagt - und reagiert mit Luftangriffen im Nordirak.

Kurdische Rebellen haben an der Grenze zum Irak offenbar mindestens 26 türkische Soldaten und Polizisten getötet. Das berichten örtliche Medien unter Berufung auf Sicherheitskreise. Die Separatisten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hätten in der Nacht zum Mittwoch mit Maschinengewehren Militärposten in der Provinz Hakkari angegriffen, hieß es. Nach unbestätigten Medienberichten marschierte die türkische Armee nur wenige Stunden nach den Angriffen in das Nachbarland ein. Der Vormarsch sei durch Luftangriffe mit Bombern und Kampfhubschraubern unterstützt worden, berichteten verschiedene Medien.

Die Attacken der Kurden erfolgten NTV zufolge in den Ortschaften Cukurca und Yüksekova. In dem etwa 30 Minuten dauernden Feuergefecht sollen auch 22 Soldaten verwundet worden sein, hieß es in dem Bericht. Anschließend seien die Angreifer geflohen, während Helikopter über der Ortschaft kreisten. Die Angreifer seien von Sicherheitskräften verfolgt worden. Die Armeeunterkunft liegt nahe der irakischen Grenze, es wird daher vermutet, dass die Kämpfer aus dem Nordirak kamen. Die PKK unterhält dort mehrere Militärlager.

Beobachtern zufolge handelt es sich um die schwersten Verluste für die türkische Armee, seit die PKK im Jahr 1984 den bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat aufnahm. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte wegen des Angriffs einen geplanten Besuch in Kasachstan ab. "Die Türkei wird vom Terrorismus nicht erschüttert werden", sagte Präsident Abdullah Gül. Die Streitkräfte würden die Angreifer "bis zum Ende" verfolgen. Der türkische Armeechef sowie der Innen- und der Verteidigungsminister begaben sich umgehend ins Kampfgebiet.

Außenminister Guido Westerwelle verurteilte den Angriff. Der FDP-Politiker äußerte sich "bestürzt und erschüttert". Zugleich appellierte er an die Türkei und den Irak, gemeinsam mit der kurdischen Regionalregierung nach Lösungen für den Kurdenkonflikt zu suchen. Terrorgruppen wie die verbotene Arbeiterpartei PKK dürften in der türkisch-irakischen Grenzregion kein "Rückzugsgebiet" haben.

Türkei drohte mehrmals mit Einmarsch in den Nordirak

Die türkische Regierung hatte bereits wiederholt mit einem Einmarsch der Armee in den Nordirak gedroht, um dort gegen kurdische Rebellen vorzugehen. Zuletzt war die türkische Armee im Februar 2008 mit mehreren tausend Soldaten im Nordirak einmarschiert.

Das türkische Parlament hatte Anfang Oktober das Mandat der Regierung zur Bekämpfung der PKK im Nordirak verlängert. Die Türkei, die EU und die USA stufen die PKK als Terrororganisation ein. Sie kämpft für Unabhängigkeit oder größere Autonomie der Kurdengebiete in der Türkei. Kurdische Organisationen beklagen eine systematische Diskriminierung ihrer Volksgruppe durch den türkischen Staat. In dem Konflikt starben bislang etwa 45.000 Menschen.

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