Steuerfahndung beim DFB:Fragen an Theo Zwanziger

Steuerfahnder gehen dem Verdacht nach, dass über längere Zeit hinweg ein systematischer Abrechnungsbetrug durch DFB-Schiedsrichter stattgefunden haben soll. Wieder liegt der Schauplatz in der Zuständigkeit von Präsident Theo Zwanziger, wenn auch nicht auf den ersten Blick.

Thomas Kistner

Jetzt also die nächste Affäre im Deutschen Fußball-Bund, sie erwächst sogar aus einer vorhergegangenen; der DFB kommt nicht zur Ruhe. Und wieder liegt der Schauplatz in der Zuständigkeit von Präsident Theo Zwanziger, wenn auch nicht auf ersten Blick.

Violence In Football - Round Table

Im Februar 2010 machte DFB-Chef Zwanziger das Referee-Thema zur Chefsache - nun scheint es einen weiteren Skandal zu geben.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Steuerfahnder gehen dem Verdacht nach, dass über längere Zeit hinweg ein systematischer Abrechnungsbetrug durch DFB-Schiedsrichter stattgefunden haben soll. Das rührt an den Grundfesten des Fußballs: Es steht ja kein Beteiligter so direkt mit seiner Person für Unparteilichkeit und Fairplay ein wie der Referee.

Dafür verdienen die Schiedsrichter mittlerweile auch ganz gut. Wer regelmäßig in der Bundesliga zugange ist, schafft es, alles inklusive, auf eine sechsstellige Summe - pro Jahr. Ein netter Nebenverdienst, mit dem sich ein Eigenheim bauen oder sonst eine Kapitalanlage bilden lässt. Fatal wäre, wenn sich im Zuge der Ermittlungen die Verdachtsmomente zur Wirklichkeit verdichteten. Zumal sich ja gerade der deutsche Sport und die Abteilung Fußball international gerne als besonders korrekt darstellen - auch daran ist bei solchen Vorgängen zu erinnern.

Der DFB steht hier allerdings nicht nur vor dem Steuerproblem einiger freier Mitarbeiter, wie er in einer ersten Reaktion nahelegt. Schon wahr, juristisch ist der DFB nicht Ziel der Ermittlungen. Doch politisch hat diese Causa eine Vorgeschichte, die im Dauerzwist zwischen Fifa-Schiedsrichter Michael Kempter und Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell gründet.

In der Hochzeit dieser Beziehungsaffäre, die im Februar 2010 publik wurde, hat DFB-Chef Zwanziger das Referee-Thema zur Chefsache gemacht. Kempter bezichtigt seinen früheren Mentor der sexuellen Nötigung; Amerell sagt, das Verhältnis der beiden sei einvernehmlich gewesen. Zwanziger hat sich stets eindeutig hinter Kempter gestellt. Auch, als dieser eigene Aussagen zu modifizieren begann und Amerell einen Mailverkehr mit Kempter vorlegte, der auf ein intimes Freundschaftsverhältnis schließen ließ.

Schon im April 2010, als die meisten Fragen in der Causa noch offen waren, ließ Zwanziger das Schiedsrichterwesen per DFB-Sonderbundestag reformieren; damals behauptete er, dass nichts gegen Kempter vorliege. Ein Jahr später fand Amerell heraus, dass dem nicht ganz so ist: 2009 kassierte Kempter eine Steuervorstrafe, im Kontext mit der Schiedsrichterei. Pikanterweise war Ende 2009 auch seine Berufung zum Fifa-Schiedsrichter erfolgt.

Das bringt den DFB unter Druck. Bisher lässt er Anfragen unbeantwortet, ob eine Fifa-Berufung unter dieser Prämisse überhaupt erfolgen durfte, er verweigert Auskünfte, ab wann er von Kempters Strafe wusste. In diesen Fragen liegt erhebliche sportpolitische Brisanz. Spätestens seit Mai 2011, das ist gesichert, hat der DFB Bescheid wissen müssen.

Kempter, eine ab dem Zeitpunkt doch auch aus DFB-Sicht recht umstrittene Figur, rückte aber wieder auf die Liste der Drittliga-Schiedsrichter. Nach einem drakonischen internen Klärungsprozess sieht das nicht aus. Dass dieser nun schnell stattfinden muss, erscheint als unausweichlich.

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