Gräuel in Afghanistan:US-Feldwebel wegen Mordes schuldig gesprochen

Als Anführer eines "Kill Teams" mordete Calvin Gibbs und schnitt seinen Opfern Finger ab, als Trophäe. Wegen seiner Taten ist der Soldat zu lebenslanger Haft verurteilt worden, und trotzdem dürfte er glimpflich davonkommen.

Staff Sergeant (Feldwebel) Calvin Gibbs, ein 26-Jahre alter US-Soldat, ist wegen besonders brutaler Morde an drei Afghanen verurteilt worden. Der Soldat stand als Rädelsführer einer fünfköpfigen Gruppe vor Gericht, die laut Anklage 2010 die unbewaffneten Zivilisten aus purer Mordlust mit Gewehren und Granaten umgebracht haben sollen.

Mörder in Uniform: Feldwebel Calvin Gibbs vor Gericht

Mörder in Uniform: Staff Sergeant Calvin Gibbs vor Gericht

(Foto: AP)

Gibbs, der ranghöchste der von US-Medien als Kill Team bezeichneten Gruppe, musste sich vor einem Militärgericht auf dem Stützpunkt Lewis-McChord im US-Bundesstaat Washington verantworten. Nun hat die Jury entschieden: Es befand Gibbs in allen 15 Anklagepunkten schuldig. Das Gremium fällte seinen Schuldspruch nach nur vierstündigen Beratungen.

Der Fall hatte dem Ansehen der US-Armee erheblich geschadet, ähnlich wie die 2004 aufgedeckten Misshandlungen von Gefangenen durch US-Soldaten im Gefängnis Abu Ghraib während des Irakkriegs. Die Morde hatten sich zwischen Januar und Mai 2010 in der Provinz Kandahar ereignet, wo Gibbs und die vier Mitangeklagten als Infanteristen eingesetzt waren. Die Soldaten hatten mit den Leichen posiert und sich gegenseitig fotografiert. Diese Aufnahmen waren an die Öffentlichkeit gelangt.

Gibbs hat im Prozessverlauf zugegeben, den Toten Finger abgeschnitten und sie behalten zu haben, um sie befreundeten Soldaten zu schenken oder missliebige Kameraden damit einzuschüchtern. Er beteuerte, lediglich einen der drei Afghanen getötet zu haben - und dies aus reiner Notwehr.

Dieser Darstellung widersprach Militärstaatsanwalt Robert Stelle: Gibbs soll demnach Waffen bei den getöteten Afghanen abgelegt haben, um vorzutäuschen, dass es sich um Angreifer handelte. Der Soldat habe seine Einheit und letztlich die USA verraten, sagte Stelle.

Gibbs' Verteidigung hatte versucht, die Glaubwürdigkeit der anderen Soldaten der Gruppe in Zweifel zu ziehen, die gegen ihren Mandanten aussagten. Vor der Urteilsverkündung appellierte sein Anwalt an die Jury, auch an Gibbs Ehefrau und seinen Sohn zu denken.

Gibbs ist bisherige der einzige der Gruppe, der sich einem Militärprozess stellen musste. Drei der Mitangeklagten bekannten sich im Gegenzug für Strafmilderungen schuldig, zwei von ihnen sagten gegen Gibbs aus. Das Verfahren gegen den fünften mutmaßlichen Mittäter steht noch aus.

Nun ist der Schuldspruch gegen Gibbs gefallen und doch könnte der Mörder in Uniform glimpflich davonkommen: Ihm droht zwar als Mindeststrafe lebenslange Haft. Aber er erhält CNN zufolge die Chance, bei guter Führung frei zu kommen - nach zehn Jahren.

Auf diese Option hatten Gibbs' Verteidiger gedrängt, während die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung gefordert hatte. In den Schlussbemerkungen vor der Urteilsverkündung hatte Militärstaatsanwalt Dre LeBlanc den Angeklagten mit den Worten angesprochen, mit denen der Feldwebel seine afghanischen Opfer bezeichnet haben soll. "Hier ist der Wilde", sagte LeBlanc und zeigte auf Gibbs. "Staff Sergeant Gibbs ist der Wilde."

Fest steht: Gibbs muss seine Strafe in einem Militärgefängnis verbüßen. Bislang hat er 547 Tage in Haft verbracht. Diese Zeit werde auf die Strafe angerechnet, hieß es bei CNN.

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