Kampf gegen Schuldenkrise:Barroso lockt Merkel mit neuem Plan für Euro-Bonds

Kanzlerin Merkel sperrt sich gegen Euro-Bonds - noch. Jetzt will ihr EU-Kommissionspräsident Barroso ein Angebot machen, das sie kaum ablehnen kann. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" hat er drei Varianten für gemeinsame europäische Anleihen erarbeitet. Sein Kalkül: Auch Merkel muss einsehen, dass der Rettungsfonds EFSF nicht ausreicht.

Cerstin Gammelin, Brüssel

Die Europäische Kommission hält von den Euro-Ländern gemeinschaftlich garantierte Anleihen, sogenannte Euro-Bonds, für geeignet, die dramatische Schuldenkrise zu bewältigen. Präsident José Manuel Barroso will an diesem Mittwoch drei Varianten der bisher heftig umstrittenen Euro-Anleihen präsentieren. Einen Tag später sollen Kanzlerin Angela Merkel, Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Premier Mario Monti in Straßburg darüber beraten.

G20-Gipfel

José Manuel Barroso und Angela Merkel, unterhalten sich Anfang November in Cannes. Der Präsident der Europäischen Kommission versucht die Kanzlerin zu überzeugen, dass Euro-Bonds helfen könnten, die Schuldenkrise zu bewältigen.

(Foto: dpa)

Die Staats- und Regierungschefs der drei größten Volkswirtschaften des Euro-Klubs müssen Wege aus der Krise finden. Die Zeit drängt. Italien und Frankreich mussten zuletzt immer höhere Zinsen bieten, um ihre alten Schulden zu finanzieren. Italienischen EU-Diplomaten zufolge will sich Monti für die Euro-Bonds starkmachen. Der frühere Wirtschaftsprofessor gilt als Befürworter gemeinschaftlich garantierter Anleihen. Er hatte sie im Mai 2010 in einem Bericht an die EU-Kommission als "Schlüssel" bezeichnet, um die Krise zu bändigen und künftigen Krisen vorzubeugen.

Sarkozy hat sich nicht zu Euro-Bonds festgelegt. Paris plädiert vielmehr dafür, die Europäische Zentralbank (EZB) offensiv zu nutzen, um die steigenden Finanzierungskosten für Altschulden einzudämmen. Berlin lehnt sowohl Euro-Bonds als auch eine direkte Beteiligung der EZB strikt ab.

Anders als Deutschland geht die Europäische Kommission davon aus, dass gemeinschaftliche Anleihen des Euro-Klubs nötig sind und "signifikante" Vorteile bringen. In der Machbarkeitsstudie zur Einführung der Anleihen, die Barroso vorstellen will und deren Entwurf der Süddeutschen Zeitung vorliegt, heißt es, gemeinsam ausgegebene Schuldscheine würden "die Euro-Zone stabilisieren, den Finanzsektor widerstandsfähiger und die Refinanzierung der staatlichen Schulden billiger machen". Der europäische Anleihemarkt würde größer und attraktiver für Investoren aus aller Welt.

Die Brüsseler Behörde warnt davor, sich darauf zu verlassen, dass der Euro-Rettungsfonds EFSF größere klamme Staaten retten kann. "Die Kapazität des Fonds kann nicht unbegrenzt erhöht werden", schreiben die Experten. Sie werde sich im Gegenteil sogar verringern, "sobald sich die Kreditwürdigkeit der Garantiegeber verschlechtert".

Der EFSF kann insgesamt 440 Milliarden Euro an Krediten vergeben, ein Teil ist schon aufgebraucht. Diese Kredite werden anteilig von den sechs Euro-Ländern garantiert, die über die höchste Kreditwürdigkeit AAA verfügen. "Verliert ein Land seine Note, schrumpft der Fonds um die jeweilige Garantiesumme", heißt es.

Euro-Bonds seien in drei Varianten denkbar: Entweder als klassische Euro-Anleihen mit gesamtschuldnerischer Haftung für alle Schulden - oder bis zu einer bestimmten Schuldengrenze. Die einfachste Variante wäre, dass die Euro-Länder begrenzt gemeinschaftliche Schuldscheine ausgeben, für die jedes Land wiederum einzeln anteilig haftet.

Die Experten räumen ein, dass für die beiden Varianten der klassischen Euro-Bonds die europäischen Verträge stark geändert werden müssen. Sie verbieten bisher, dass Euro-Länder gemeinschaftlich für Schulden haften. Die dritte Variante wäre "nur mit einer kleinen Verzögerung" umsetzbar und für die Bekämpfung der jetzigen Krise geeignet. Voraussetzung für jede Art von gemeinsamer Schuldenfinanzierung sei es, die finanzpolitische Kontrolle zu verstärken, heißt es weiter. Das werde "natürlicherweise" dazu führen, dass Hauptstädte Kompetenzen nach Brüssel abgeben müssten. Bis Mitte Januar haben die EU-Länder Zeit sich zu äußern.

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