Gefasster Saif al-Islam:Nomade soll Gaddafi-Sohn verraten haben

Der Lieblingssohn des einstigen libyschen Diktators Gaddafi ist gefasst - womöglich lieferte ihn ausgerechnet jener Nomade aus, der dafür engagiert worden war, Saif al-Islam außer Landes zu bringen. Dabei verzichtete der Mann nach eigenen Angaben auf seine Belohnung von einer Million Euro.

Die wochenlange Flucht ist zu Ende: Der Lieblingssohn des einstigen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi wurde am Wochenende gefasst und wird seitdem in Sintan festgehalten. Womöglich wurde der international gesuchte Saif al-Islam von einem Nomaden verraten, der ihm die Flucht ermöglichen sollte.

Yussef Saleh al-Hotmani gestures while wearing a Kingdom of Libya flag in Zintan

Jussef Saleh al-Hotmani mit der neuen Flagge Libyens in Sintan: Seit vergangenem Wochenende wird der gefasste Gaddafi-Sohn Saif al-Islam in der westlibyschen Stadt festgehalten.

(Foto: REUTERS)

So sagte Jussef Saleh al-Hotmani in der westlibyschen Stadt Sintan, er habe Revolutionskämpfer in Südlibyen informiert, wann Saif al-Islam durch die Region fahre. Nach eigenen Angaben sollte al-Hotmani den Gaddafi-Sohn über die Grenze ins Nachbarland Niger bringen. Von dort sollte Saif al-Islam abgeholt und ins Exil gebracht werden. Dafür seien ihm eine Million Euro versprochen worden, sagte al-Hotmani einem Bericht des britischen Daily Telegraph zufolge.

Al-Hotmani soll den Gaddafi-Sohn zu einer Vertiefung in den Sanddünen geführt haben, wo die Kämpfer der neuen libyschen Führung warteten. "Ich danke Allah, der es mir ermöglichte, den Feind zu besiegen", sagte al-Hotmani dem Blatt. Offen ist, ob der Nomade von Anfang an plante, den Aufenthaltsort Saif al-Islams zu verraten.

Der regierende Nationale Übergangsrat (NTC) erklärte, dass Saif al-Islam nicht nach Den Haag ausgeliefert werden solle und sich stattdessen in Libyen vor Gericht verantworten müsse. Allerdings existiert in Libyen derzeit kein funktionierendes Justizwesen. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag fahndet wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach dem Gaddafi-Sohn.

Nach Ansicht des Chefanklägers des IStGH kann dem Gaddafi-Sohn dennoch in Libyen der Prozess gemacht werden. Allerdings müsse der Gerichtshof an dem Verfahren beteiligt werden, erklärte Luis Moreno Ocampo bei einem Besuch in Tripolis. Wenn Libyen ein Verfahren gegen al-Islam eröffnen wolle, "kann es das tun, aber unsere Richter müssen einbezogen werden", sagte Ocampo. Der IStGH wirft dem Gaddafi-Sohn Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Ergreifer von Gaddafi-Sohn wird Verteidigungsminister

Unterdessen hat sich der NTC auf ein neues Kabinett geeinigt. Verteidigungsminister werde der Kommandeur, dessen Einheit am Wochenende Saif al-Islam, gefangen genommen hat, sagte ein Mitglied des NTC der Nachrichtenagentur Reuters. Zum Außenminister ernannt worden sei Libyens bisheriger stellvertretender Botschafter bei den Vereinten Nationen, Ibrahim Dabbaschi. Ölminister werde ein Manager eines libyschen Öl-Unternehmens. Der Finanzminister der scheidenden Regierung bleibe im Amt.

Es seien zwar alle Kabinettsposten vergeben worden, doch seien erneut Diskussionen über einige der neuen Minister entbrannt, hieß es weiter. In der Ministerriege dominierten säkulare Liberale, Islamisten hätten keine Schlüsselressorts inne. Den Posten des Verteidigungsministers hatten ursprünglich die Islamisten für sich beansprucht. Der offenbar nun nominierte Osama al-Dschuwali kam erst mit der Ergreifung des Gaddafi-Sohns ins Gespräch.

Ibrahim Dabbaschi habe sich zum Außenminister qualifiziert, indem er sich während des Umsturzes in Libyen von Gaddafi abgewendet und auf die Seite der Rebellen geschlagen habe, sagte der NTC-Vertreter weiter. Das neue Kabinett soll an diesem Dienstag offiziell vorgestellt werden. An der Spitze der Regierung wird voraussichtlich Ministerpräsident Abdurrahim al-Keib stehen. Seine Aufgabe ist es, das nordafrikanische Land nach monatelangem Bürgerkrieg zu Parlamentswahlen zu führen.

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