Tatort-Kolumne:Nach saarländischen Maßstäben auserzählt

Lesezeit: 1 min

Die Münchner Tatort-Kommissare Batic und Leitmayr ermitteln in der Synagoge. Es ist, als würde man einem Ereignishaufen beim Wachsen zusehen, erst ratlos, dann müde. Geplappert wird viel, der Plot hakt. Der BR meint dazu: "Die Ereignisse überstürzen sich." Haha!

Alexander Gorkow

Herrlich, diese ARD-Filmredakteure, wenn's brenzlig wird. Gerne sind dann Geschichten "auserzählt" - dabei war es nur so, dass ein Redakteur den dicken Maxe machen wollte und grundlos zwei junge Kommissare feuerte. So wie es grad ein gewesener Theologe beim winzigen Saarländischen Dingsbums, also Rundfunk getan hat.

Der Müncher Tatort-Kommissar Leitmayr (Udo Wachtveitl) in der, uiuiui, Synagoge. (Foto: Barbara Bauriedl)

Das Bayerische Fernsehen nun hatte die Aufgabe, einen Tatort des Münchner Duos Batic/Leitmayr zu bewerben, dessen Geschichte nach saarländischen Maßstäben schon lange auserzählt sein müsste, es aber nicht ist, wie hervorragende Folgen in jüngster Vergangenheit bewiesen haben. Diese Folge hier - "Ein ganz normaler Fall" - gehört nicht dazu. Sie sieht aus wie die "Rosenheim Cops", allerdings geht es inhaltlich drunter und drüber. Der BR fasst das in seiner Ankündigung in solider Ratlosigkeit so zusammen: "Die Ereignisse überstürzen sich."

Nach einem Leichenfund (Genickbruch) in der Münchner Synagoge wird der Rabbi Grünberg verdächtigt. So wenig ist klar. Von jetzt an kann man in Thorsten C. Fischers Film einem Ereignishaufen beim Wachsen zusehen, erst ratlos, dann müde. Dabei wird geplappert wie im Info-Radio, ständig gibt es eine neue Erklärung für eine neue Wendung, das wirkt, als sei den Autoren beim Schreiben ständig aufgefallen, dass der Plot hakt. Zusätzlich langweilig sind die zähen Seufzer der beiden Kommissare über die Gefahr politischer Unkorrektheit bei der Recherche in einer, uiuiui, Synagoge.

Die Handwerkerei einiger Haupt- wie Nebenschauspieler in diesem Tatort ist mit burlesk sicher höflich umschrieben, und was die beiden Kommissare angeht, so wünscht man sich für Wachtveitl und Nemec wieder einen Tatort, der ist wie München: irre statt verkrampft.

Diese Folge hingegen ist wirr und gleichzeitig langweilig, und man könnte noch viele Zeilen lang darüber spekulieren, ob das nicht auch eine Art von Meisterleistung ist.

Allerdings ist diese Folge der Kolumne jetzt auserzählt.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 26.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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