Sicherheitsverwahrung:Schuld, Strafe, Vergebung

Ein paar Quadratmeter mehr Zellenraum für die Gefangenen in Sicherheitsverwahrung. Dem Boulevard erscheint dies skandalös. Ist das der Wunsch nach staatlich organisierter Rache?

Wolfgang Janisch

Vielleicht muss man der Bild-Zeitung ja dankbar sein. Mit der Schlagzeile "Luxus-Zellen für Schwerverbrecher" skandalisierte sie am Mittwoch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg, das die Zellengröße in der Sicherungsverwahrung auf 20 Quadratmeter festlegen will - anders als eine Arbeitsgruppe der Länder, die 15 Quadratmeter für genug hält. Jedenfalls verleiht das Blatt der wohl verbreiteten Meinung Ausdruck, dass es Verbrechern im Knast so schlecht wie möglich gehen soll.

Fünf Quadratmeter mehr könnten Sicherheitsverwahrte demnächst beanspruchen. (Foto: dpa)

Spricht hier das Gerechtigkeitsgefühl? Man kann nicht oft genug daran erinnern: Sicherungsverwahrung dient allein der Sicherheit aller - vor gefährlichen Menschen, die nicht anders kontrolliert werden können als dadurch, dass man sie einsperrt. Ihre eigentliche Strafe haben sie bereits verbüßt, womit ihnen die Freiheit zustünde. Dieses grundlegende Recht wird ihnen gleichwohl vorenthalten: zum Schutz der Allgemeinheit, nicht etwa als Strafnachschlag für Schwerverbrecher.

In diesem eigenartigen Zustand - Strafe abgesessen, aber kein Anspruch auf Freiheit - darf den Untergebrachten nur zugemutet werden, was für die Sicherheit notwendig ist; das hat das Bundesverfassungsgericht angeordnet. Also hohe Mauern nach draußen, offene Türen im Inneren. Gewiss lassen sich daraus nicht exakt 20 Quadratmeter errechnen. Karlsruhe verlangt ein Gesamtkonzept, zu dem vor allem Therapie gehört. Doch spricht aus dem Naumburger Beschluss ein elementarer Gedanke des christlichen Menschenbilds: dass auf Schuld und Strafe die Vergebung folgen muss. Wer das in Frage stellt, dem geht es nicht um Sicherheit. Sondern um staatlich organisierte Rache.

© SZ vom 08.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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