Ihre Mandantin sei schwer enttäuscht, sagt Anwältin Andrea Kühne nach dem Urteil. Bei Renate B. müsse das so ankommen, als ob das Gericht denke, sie habe die Unwahrheit gesagt. Über 30 Jahre lang hat der Vater die heute 46-jährige Frau missbraucht, drei behinderte Kinder sind aus der Beziehung hervorgegangen, zwei davon sind bereits tot. Renate B. spricht von Vergewaltigung, ihr Vater behauptet, der Geschlechtsverkehr sei einvernehmlich gewesen.
Am Montag, nach sechs Verhandlungstagen, hat das Nürnberger Landgericht im Inzest-Prozess geurteilt. Die Strafe fällt überraschend mild aus: Zwei Jahre und acht Monate muss der Angeklagte Adolf B. in Haft, vom Vorwurf der Vergewaltigung wird er freigesprochen. Die Aussage der Tochter sei in wesentlichen Punkten unglaubwürdig, heißt es in der Urteilsbegründung. Sie habe den Fall "von Aussage zu Aussage immer mehr dramatisiert".
Das Gericht bleibt mit seinem Urteil sogar noch unter der von der Verteidigung geforderten Höchststrafe von fünf Jahren. Der Staatsanwaltschaft und die Anwältin der Tochter hatten 14 Jahre Haft gefordert.
Doch das letzte Wort in dem Fall ist noch nicht gesprochen: Staatsanwaltschaft und die Anwältin der Nebenklage haben jetzt angekündigt, Revision einzulegen. Damit muss sich nun der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Fall befassen. Je nachdem, wie der BGH entscheidet, könnte es zu einer Neuauflage des Prozesses kommen.