Kika-Skandal:ZDF prüft Klage gegen MDR

Beim Kinderkanal wurden Millionen veruntreut, das Nachspiel für den federführenden Sender MDR dürfte teuer werden. Beim beteiligten ZDF gibt es nun nach SZ-Informationen Überlegungen, den MDR auf Schadensersatz zu verklagen.

Christiane Kohl

Der Millionenbetrug beim Kindersender Kika dürfte für den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) noch ein teures Nachspiel haben. Nach Informationen der Süddeutsche Zeitung lehnt die Versicherung der öffentlich-rechtlichen Anstalt es ab, für den Schaden aufzukommen.

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Selbst Kika-Maskottchen Bernd das Brot schaut grimmig: Beim MDR gab es offenbar hanebüchene Verhältnisse im Rechnungswesen.

(Foto: Soeren Stache/dpa)

Aus Sicht der Versicherer waren die Betrugshandlungen beim Kika in dieser Größenordnung offenbar nur möglich, weil die Rechnungskontrollen bei dem Leipziger Sender sträflich vernachlässigt worden waren.

Unterdessen pocht aber auch das ZDF, das den vom MDR federführend betriebenen Kinder-Sender gemeinsam mit der ARD finanziert, auf eine Art Schadensersatz: In Mainz vertritt man die Ansicht, dass die Gelder durch die Betrugshandlungen beim Kika "zweckentfremdet" wurden, weshalb das ZDF seinen Finanzierungsanteil eigentlich zurückerstattet bekommen müsse.

MDR-Sprecherin Susanne Odenthal bestätigte auf SZ-Anfrage Vergleichsverhandlungen mit der Versicherung, eine verbindliche Ablehnung liege noch nicht vor. ZDF-Sprecher Alexander Stock erklärte, der Mainzer Sender habe bislang "noch keine Forderung" gestellt, jedoch werde "über mögliche Konsequenzen" mit dem MDR korrespondiert.

Es geht um viel Geld: Etwa neun Millionen Euro hatte Marco K., der ehemalige Herstellungsleiter des in Erfurt beheimateten Kindersenders, im Laufe von knapp zehn Jahren veruntreut. Das Geld war über fingierte Rechnungen abgezweigt worden, die der ehemalige Herstellungsleiter sich von mit ihm bekannten Firmenchefs hatte ausstellen lassen, die mit dem Kika in Geschäftsbeziehungen standen.

Leistungen wurden für diese Rechnungen nicht erbracht. Die jeweils zuständigen Redaktionen hatten zumeist keine Ahnung von den angeblichen Bestellungen. So wurden etwa Werbespots, Trailer und grafische Animationen für das Sandmännchen in Rechnung gestellt, die nie zu sehen waren.

Marco K. ist inzwischen rechtskräftig zu fünf Jahren Haft verurteilt, von den veruntreuten Summen aber fehlt jede Spur. Vor Gericht war der ehemalige Herstellungsleiter für spielsüchtig erklärt worden. Das Geld, so behauptete er, habe er zumeist umgehend ins Spielcasino getragen.

Etwa zehn Jahre lang hatte er nach immer derselben Methode gearbeitet: Weder wurden seine Veruntreuungen aufgedeckt, noch fiel im Kika überhaupt auf, dass Geld fehlte. Marco K., der bei dem Kindersender über weitreichende Vollmachten verfügte, hatte die Beträge schon im Vorhinein in den Haushalt mit eingestellt.

Bei der Forschung nach den Ursachen für den Millionenbetrug hatte der inzwischen pensionierte MDR-Intendant Udo Reiter erklärt, die Veruntreuungen hätten auch deshalb nicht frühzeitig erkannt werden können, weil Marco K. mit einer enormen "kriminellen Energie" vorgegangen sei.

Ein Revisionsbericht, der gemeinsam von Prüfern des MDR und des ZDF erstellt wurde, lenkte den Blick aber bald auf gravierende Kontrollmängel bei dem für die Rechnungsabwicklung des Kika federführenden MDR. So sei die "laufende Kontrolle des Kika unzureichend". Immer wieder sei gegen geltende Regeln verstoßen worden - ohne Konsequenzen.

Schon die Art der Auftragsvergabe für die Luftrechnungen war vorschriftswidrig gewesen, denn teilweise hatte sie Marco K. allein oder gar nicht unterschrieben, teilweise waren die Aufträge sogar erst nach Rechnungseingang erstellt worden. Auch bei der Abzeichnung der Rechnungen hatte es gravierende Verstöße gegeben, unter anderem, weil sich darauf Unterschriften von nicht berechtigten Personen fanden.

Die Revisoren kamen zu dem Schluss, "dass das Rechnungswesen des MDR" die solcherart falsch abgezeichneten Rechnungen gar "nicht hätte bezahlen dürfen". Aus der Tatsache, dass die "fehlerhaft angewiesenen Scheinrechnungen" trotzdem bezahlt wurden, schlossen die Prüfer auf erhebliche Defizite im MDR-Rechnungswesen: Dort, so heißt es in dem Revisionsbericht, hätten erkennbar "regelmäßig Kontrolllücken bestanden".

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