Zoologie:Vögel auf Walfang

Vor Argentinien reißen Möwen immer häufiger Fleisch aus den Körpern von Walen - und werden damit neben dem Menschen zur ernsten Bedrohung für die Meeressäuger.

Tina Baier

In den meisten Ozeanen der Welt haben Wale außer dem Menschen nur wenige Feinde. Vor der argentinischen Halbinsel Valdés ist das anders. Dort machen Dominikanermöwen Jagd auf den Südlichen Glattwal. Sobald die bis zu 18 Meter langen Säuger zum Luftholen an die Oberfläche kommen, landen die Vögel auf ihren Rücken und reißen große Fleischstücke aus ihrem Körper. Die Wunden sind Zentimeter tief und bis zu einen halben Meter lang.

Möwe, dpa

Die Möwen-Angriffe auf Wale nehmen zu.

(Foto: Foto: dpa)

Nach Angaben von Walforschern des Instituto de Conservación de Ballenas in Buenos Aires hat die Zahl der Attacken dramatisch zugenommen. Im Jahr 2008 hatten 76,8 Prozent der Wale von Valdés Spuren von Möwenangriffen auf dem Rücken. 1974 waren es lediglich ein Prozent.

Anfang der siebziger Jahre beobachteten Forscher erstmals, wie Möwen auf den Walen landeten. Doch damals gaben sich die Vögel noch damit zufrieden, Parasiten von den Rücken zu picken und ab und zu einen Fetzen loser Haut. Irgendwann haben sie dann begonnen, ihren Schnabel in den nahrhaften Speck zu schlagen. Am häufigsten greifen die Möwen Walmütter mit ihren Kälbern an. Die kleinen Wale müssen öfter zum Luftholen auftauchen als erwachsene Tiere.

Mittlerweile sind die Vögel zur ernsten Bedrohung geworden. Die Region ist eine Kinderstube für den Südlichen Glattwal. Die Mütter säugen dort ihre Jungen bis sie groß genug sind, in den Ozean hinauszuschwimmen und sich selbst zu versorgen. Die Mütter fressen während dieser Zeit nichts. Um Energie zu sparen, bewegen sie sich unter normalen Umständen kaum und dümpeln an der Wasseroberfläche. Seit dort die Möwen lauern hat sich das geändert.

Ein Drittel des Tages sind Mütter und Kälber auf der Flucht vor den Luftangriffen. Statt sich auszuruhen, tauchen sie unter und schwimmen mit großer Geschwindigkeit davon. Die argentinischen Walforscher befürchten, dass sie dabei zu viel Energie verbrauchen, die die Mütter eigentlich in die Milchproduktion, und die Kälber in ihr Wachstum stecken sollten. Tatsächlich haben Meeresbiologen beobachtet, dass die Kälber dünner sind als noch vor einigen Jahren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: