Hunde erkennen Absichten:Verständnis für den Fingerzeig

Schon eine kurze Geste reicht ihnen: Hunde können die Absichten von Menschen etwa so gut deuten, wie ein Kind im Alter von sechs Monaten.

Katrin Blawat

Die Frau war zwar nur auf dem Bildschirm zu sehen, und besonders persönlich fiel ihre Begrüßung mit "Hallo Hund" auch nicht aus. Doch genügte es, damit sich die Hunde angesprochen fühlten und erkannten, dass die Frau ihnen etwas zeigen wollte. Als sie ihren Blick nach rechts wandte, taten die Hunde ihr dies nach. Die Tiere können also offenbar die Absicht eines Menschen auf einem ähnlichen Level verstehen wie halbjährige Kinder, schließen Verhaltensforscher um József Topál von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest (Current Biology, online).

Schnee in Winterberg

Hunde wissen, wann sie gemeint sind.

(Foto: dpa)

Die Forscher testeten elf Hunde in jeweils zwei Situationen. Einmal redete die Frau auf dem Bildschirm den Hund mit einer hohen Stimme an, wie viele Menschen sie automatisch gegenüber Haustieren und Babys benutzen. Zusätzlich schaute die Frau den Hund an. In der Kontrollsituation hingegen sprach die Frau den gleichen Hund ohne Blickkontakt mit tiefer Stimme an. Immer folgte auf diese Szene die Zeige-Phase. Dabei richtete die Frau ihren Blick auf einen der identisch aussehenden Becher, die links und rechts von ihr standen.

Währenddessen analysierten die Forscher die Augenbewegungen der Hunde und erkannten so, ob die Tiere auf die anfängliche Kontaktaufnahme der Frau eingingen und ihrem Blick zu dem Becher folgten. Weitere Versuche sollten ausschließen, dass andere Faktoren die Blickrichtung der Hunde beeinflusste. Tatsächlich folgten die Tiere dem Blick der Frau deutlich häufiger, wenn diese die Hunde zuvor mit hoher Stimme und Augenkontakt angesprochen hatte. Dieses Verhalten hatte den Hunden also zu verstehen gegeben, dass der Mensch im nächsten Moment mit ihnen kommunizieren wollte, lautet die Interpretation der Wissenschaftler. Die Hunde hatten die Intention der Frau erkannt.

Schon frühere Studien hatten gezeigt, dass Hunde verblüffend gut mit Menschen kommunizieren können - im Gegensatz zu Wölfen, die sich dabei meist viel begriffsstutziger anstellen. Deutet etwa ein Mensch mit dem Finger auf eine von zwei Dosen, verstehen die meisten Hunde, dass es sich lohnt, nur unter dem angezeigtem Behälter nach einem Keks zu suchen. Sogar wenige Wochen alte Welpen begreifen das ohne vorheriges Training, wie ein Team des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie um Julia Riedel gezeigt hat. Wölfe scheitern an dieser Aufgabe.

Die Fähigkeit, Fingerzeige zu verstehen, hat sich wohl während der Domestikation entwickelt, vermuten die Forscher. Vielleicht hat der Mensch vor allem mit Hunden weitergezüchtet, mit denen er besonders gut kommunizieren konnte. Weitere Studien legen sogar nahe, dass Hunde erkennen, wenn Gegenstände, die im Blickfeld des Hundes liegen, für den Menschen unsichtbar sind. Dies setzt eine recht hohe Stufe der sogenannten Theory of Mind voraus, also der Fähigkeit, sich in die Gedankenwelt eines anderen hineinzuversetzen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: