Transparency International stellt Bericht vor:Wie Deutschland die Korruption bekämpfen soll

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Beeinflussung von Abgeordneten, Geheimverträge, Parteiensponsoring: Transparency International mahnt Maßnahmen in verschiedenen Bereichen an, in denen Deutschland bei der Korruptions-Vorsorge nachbessern muss.

Die Deutschen schätzten das Korruptionsniveau in ihrem Land überwiegend als relativ hoch ein - und gehen davon aus, dass Bestechlichkeit und Einflussnahme zunehmen: 70 Prozent der Bevölkerung gaben Transparency International (TI) zufolge bei einer Befragung im Jahr 2010 an, dass sich das Korruptionsniveau in den vergangenen drei Jahren erhöht habe.

Doch ein Blick auf die polizeilich erfassten, mutmaßlichen Straftaten der vergangenen Jahre stützt diese Annahme nicht. Auch eine aktuelle Untersuchung der Antikorruptionsorganisation TI sieht die Bundesrepublik auf einem guten bis sehr guten Stand beim Vorgehen gegen Korruption.

Insgesamt elf Bereiche hat Transparency im "Nationalen Integritätsbericht Deutschland" danach bewertet, wie gut sie personell und finanziell ausgestattet sind, ob sie Antikorruptionsmaßnahmen etabliert haben und inwieweit sie zur allgemeinen Korruptionsbekämpfung in Deutschland beitragen. Fünf davon liegen der Untersuchung zufolge im obersten Bereich: Legislative, Judikative, Wahlleitung, Bundesrechnungshof und Medien erhalten eine Gesamtpunktzahl von 81 bis 94 von insgesamt hundert möglichen Punkten.

Die Pfeiler Exekutive, öffentliche Verwaltung, Strafverfolgung, politische Parteien und Zivilgesellschaft und Wirtschaft erhalten zwischen 70 und 79 Punkten - und liegen damit immerhin noch im oberen Bereich. TI betont, dass sich in der Gesamtbewertung "kein Pfeiler als deutlich lückenhaft oder ineffektiv" herausgestellt habe.

Zurücklehnen dürfen sich die deutschen Institutionen gleichwohl nicht. Transparency fordert eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen, um noch stärker gegen Korruption vorzugehen - wenn auch "auf hohem Anspruchsniveau". So seien zwar die gesetzlichen Rahmenbedingungen insgesamt relativ gut, doch gebe es zahlreiche Regelungslücken. Und auch bei der praktischen Umsetzung herrsche vielfach noch Spielraum.

Transparency fordert 84 Einzelmaßnahmen

Die Antikorruptions-Organisation prangert unter anderem die Nicht-Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns an. Geheime Verhandlungen und intransparente Verträge zwischen öffentlicher Hand und privaten Konzernen gäben immer wieder Anlass zu Kritik. Auch, dass Parteisponsoring - im Gegensatz zu direkten Parteispenden - immer noch nicht öffentlich gemacht werden muss, ist Transparency ein Dorn im Auge. Als Problem sieht die Organisation auch die Überlastung von Strafverfolgungsbehörden und Justiz, der durch personelle und finanzielle Aufstockung entgegengewirkt werden müsse.

Besonders hervor hebt TI die Forderung nach einer Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung. Denn diese sei auch Voraussetzung dafür, dass Deutschland endlich die UN-Konvention gegen Korruption (Uncac) ratifizieren könne, die bereits 2003 unterzeichnet wurde.

Bislang ist es hierzulande zwar verboten, Stimmen bei Wahlen oder in einer Abstimmung der Volksvertreter zu kaufen oder zu verkaufen. Doch der Versuch der Einflussnahme bei der Vorbereitung von Entscheidungen steht beispielsweise nicht unter Strafe.

Insgesamt sind es Dutzende Einzelmaßnahmen, die Transparency fordert. Keiner der elf untersuchten Bereiche sei nicht verbesserungswürdig. Edda Müller, die Vorsitzende von TI Deutschland begründet das wie folgt: "Für ein solides Integritätssystem gibt es kein einfaches Rezept. Die Komplexität und der hohe Anspruch an eine wirksame Antikorruptionspolitik spiegeln sich in unserem Katalog von 84 Forderungen wider."

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