Sanktionen gegen Teheran:Wie die EU Iran bändigen will

Die Europäische Union verschärft ihr Vorgehen im Atomstreit und erlässt harte Sanktionen gegen Iran. Erstmals zielen die Maßnahmen nicht direkt auf den Nuklearsektor, sondern auf die gesamte Wirtschaft des Landes. Teheran reagiert mit neuen Drohungen.

Die Europäische Union verschärft die Gangart gegenüber Iran: Mit einem Öl-Embargo und dem Sperren der Konten der iranischen Zentralbank soll mehr Druck auf das Regime in Teheran ausgeübt werden. Spätestens vom 1. Juli an sollen die Öleinfuhren aus dem Land gestoppt werden und mit weiteren Sanktionen die petrochemische Industrie des Landes beeinträchtigt werden.

EU-Staaten einigen sich auf Oelembargo

Harte Sanktionen gegen Teheran: Die EU-Staaten haben sich auf ein Öl-Embargo verständigt. Im Bild: Ein Arbeiter in einer iranischen Öl-Raffinerie.

(Foto: dapd)

Die verschärften Strafmaßnahmen gegen Iran wurden von den EU-Außenministern in Brüssel beschlossen. Die USA hatten ihre Verbündeten zu entsprechenden Schritten aufgerufen. Der britische Außenminister William Hague sprach am Rande des Treffens von einem "beispiellosen Sanktionspaket". Die Sanktionen der EU gegen Teheran seien eine Reaktion auf die "anhaltenden Verstöße Irans gegen die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats und die Weigerung, sinnvolle Verhandlungen über das Atomprogramm aufzunehmen".

Auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die EU-Entscheidung begrüßt: Die Sanktionen seien "ein Schritt in die richtige Richtung". Der Westen verdächtigt Iran, nach Atomwaffen zu streben; die Regierung in Teheran bestreitet dies. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte, es gehe darum, "dass wir nicht akzeptieren können, dass Iran nach der Atombombe greift". Das sei "nicht nur eine Frage der Sicherheit für die Region, das ist eine Frage der Sicherheit für die gesamte Welt".

Die am Montag beschlossenen Sanktionen sind die bisher härtesten im dem seit 2005 andauernden Konflikt zwischen der internationalen Gemeinschaft und der Regierung in Teheran um das Atomprogramm des Landes. Die USA wollen zusammen mit Europa die iranische Ölindustrie schwächen, um Teheran zum Nachgeben im Atomstreit zu zwingen.

Die Maßnahmen im Überblick:

[] Die Einfuhr iranischen Öls wird vom 1. Juli 2012 an verboten, die Einfuhr petrochemischer Produkte vom 1. Mai 2012 an. Bis dahin dürfen laufende Bezugsverträge von den EU-Staaten abgewickelt werden. Italien darf auch darüber hinaus noch Öl einführen, weil es dafür nichts an Iran zahlt. Es handelt sich bei den Lieferungen um die Bezahlung iranischer Schulden in Rom. Neue Investitionen in Ölfirmen in Iran sind nicht mehr erlaubt.

[] Die erwarteten Auswirkungen des Öl-Embargos sollen bis Mai überprüft werden. Griechenland, das bis zu 25 Prozent seines Öls aus Iran bezieht, wird eventuell Unterstützung bekommen, um Ersatzlieferanten zu finden.

[] Die Guthaben der iranischen Zentralbank werden eingefroren. "Legitime Geschäfte" sollen weiterhin "unter strengen Kontrollen" möglich sein. So soll ziviler, nicht mit Öl verbundener Handel weiterhin über die Zentralbank abgerechnet werden können. Die Sanktionen gegen die Zentralbank sollten ebenso wie andere Maßnahmen im EU-Amtsblatt am Dienstag veröffentlicht werden und damit unmittelbar in Kraft treten.

[] Der Handel von Gold und Edelmetallen mit der Zentralbank wird eingestellt. Auch Banknoten dürfen nicht mehr nach Iran exportiert werden.

[] Außerdem wurde gegen drei weitere Personen ein Einreiseverbot und die Sperrung ihres Vermögens in der EU beschlossen. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der Einreiseverbote wegen des Atomprogramms auf 116. Acht Unternehmen oder Organisationen kamen zusätzlich auf eine schwarze Liste von Firmen, mit denen keine Geschäfte mehr gemacht werden dürfen. Insgesamt finden sich auf dieser Liste jetzt mehr als 400 Unternehmen.

Im Gegensatz zu früheren Maßnahmen zielen die jetzt vereinbarten Sanktionen erstmals nicht direkt auf Teile des Nuklearsektors, sondern auf die Wirtschaftskraft Irans insgesamt. Damit das Öl-Embargo für die Importfirmen rechtsverbindlich wird, ist nach Angaben von EU-Diplomaten noch ein offizieller Vorschlag der EU-Kommission nötig.

Für Iran ist die EU gemeinsam mit China der größte Handelspartner. 90 Prozent der Exporte aus Iran nach Europa sind dabei Öl. An den gesamten Öleinfuhren der EU hatte Iran 2010 allerdings nur einen Anteil von 5,7 Prozent. In einigen Staaten ist der Anteil jedoch höher: Griechenland ist zu 25 Prozent, Italien zu 13 und Spanien zu etwa zehn Prozent auf iranisches Öl angewiesen.

Teheran droht mit Schließung der Straße von Hormus

Iran reagierte mit einer weiteren Drohung auf die neuen Sanktionen: Teheran behalte sich das Recht vor, als Vergeltung für das Öl-Embargo der EU die Straße von Hormus zu schließen, sagte ein iranischer Abgeordneter laut einem Bericht der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr.

Zuvor war allerdings der US-Flugzeugträger Abraham Lincoln ungehindert über die Straße von Hormus in den Persischen Golf eingelaufen, zusammen mit britischen und französischen Kriegsschiffen, wie das britische Verteidigungsministerium mitteilte. Mit der Aktion habe man "das bestehende internationale Bekenntnis, Durchfahrtrechte unter internationalem Recht zu sichern" betonen wollen, hieß es.

Iran hatte bereits vor Verhängung der Sanktionen gedroht, die Meerenge von Hormus für den Schiffsverkehr - vor allem für die Erdöltanker für den Westen - zu sperren. Washington wiederum drohte Iran für diesen Fall mit militärischer Gewalt.

Die Spannungen zwischen Iran und dem Westen hatten sich in den vergangenen Monaten nach einer ganzen Reihe von Vorfällen erhöht. So hatte Iran den Betrieb einer unterirdischen Urananreicherungsanlage aufgenommen. Außerdem wurde ein US-Bürger in Iran wegen Spionage zum Tode verurteilt. Für das tödliche Attentat auf einen iranischen Atomwissenschaftler machte Iran Israel und die USA verantwortlich.

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