Anordnung des Innenministers:Verfassungsschutz soll weniger Linke überwachen

Der Verfassungsschutz soll die Kriterien überprüfen, nach denen bisher Linke-Politiker überwacht wurden - das ordnete Innenminister Friedrich an. Linke-Fraktionschef Gysi erhielt unterdessen Einblick in seine Akte und glaubt, dass die Überprüfungen einem ganz speziellen Zweck dienen.

Daniel Brössler und Susanne Höll

Das Bundesinnenministerium will den Kreis der Linken-Bundestagsabgeordneten verkleinern, die vom Bundesverfassungsschutz beobachtet werden. Politiker wie die Vizepräsidentin Petra Pau, der stellvertretende Fraktionschef Dietmar Bartsch und andere Pragmatiker sollten nach Möglichkeit nicht mehr oberserviert werden, hieß es in Sicherheitskreisen.

Akte Gysi

Das Dokument zeigt eine geschwärzte Seite aus der Verfassungsschutzakte über den Vorsitzenden der Fraktion die Linke im Bundestag, Gregor Gysi.

(Foto: dpa)

Von der Liste sollten demnach jene gestrichen werden, die keine führende Funktion in der Partei hätten und nicht Mitglied eines extremistischen Flügels seien. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wies das ihm unterstellte Bundesamt für Verfassungsschutz an, die Kriterien für eine Beobachtung zu überprüfen. Hintergrund ist, dass auf der bekanntgewordenen Liste der insgesamt 27 Mandatsträger der Linksfraktion unter Beobachtung des Verfassungsschutzes zahlreiche Mitglieder des pragmatischen Flügels verzeichnet sind, Angehörige des radikalen Flügels aber fehlen.

Trotz Friedrichs Beteuerung, es gehe hauptsächlich um "Führungskader", werden überdies auch zahlreiche Abgeordnete ohne höhere Parteifunktion beobachtet. Alle betroffenen Abgeordneten stammen ursprünglich aus der PDS, der kommunistischen DKP und der trotzkistischen Organisation Linksruck. Zudem müsse den Kreisen zufolge geklärt werden, warum der Vorsitzende der Linken, Klaus Ernst, nicht beobachtet werde, obgleich er an der Spitze der Partei steht.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Peter Altmaier (CDU), begrüßte, dass es keine nachrichtendienstliche Überwachung von Abgeordneten durch Bundesbehörden gebe. In einer Sitzung des Gremiums am Mittwoch sei die Mehrheit der Mitglieder der Auffassung gewesen, dass die Linkspartei grundsätzlich vom Verfassungsschutz beobachtet werden dürfe. Es seien sich aber alle einig gewesen, dass "die Kriterien für die Auswahl überprüft und gegebenenfalls angepasst werden müssen". Er erwarte bis zur nächsten Sitzung des Kontrollgremiums einen Bericht des Innenministers, sagte Altmaier.

"Von der Linken geht keine Gefahr aus"

Die Linke will im Bundestag einen Beschluss herbeiführen, der die Beobachtung von Abgeordneten generell verbietet. Fraktionschef Gregor Gysi mahnte außerdem das Bundesverfassungsgericht zur Eile. Dem Gericht liegt eine Organklage der Linksfraktion sowie eine Beschwerde des Fraktionschefs der Linken in Thüringen, Bodo Ramelow, gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juli 2010 vor. Das Gericht hatte die Beobachtung Ramelows für rechtens erklärt und dies mit seiner Führungsrolle in der Partei begründet.

Die Überwachung hat auch den Zweck, den Leuten vor uns Angst zu machen", sagte Gysi. Er widersprach der Darstellung, die Abgeordneten würden nur mit Hilfe offener Quellen beobachtet. Dabei verwies er auf seine ihm zugänglich gemachte Akte des Bundesverfassungsschutzes. Diese enthalte zahlreiche Schwärzungen, "um Rückschlüsse auf operative Interessen der Verfassungsschutzbehörden zu vermeiden". Sie soll zudem amtliche Schreiben, etwa der Stadt Hannover, umfassen, die normalerweise nicht öffentlich zugänglich sind.

Auf Landesebene wird die Linke nach Angaben des niedersächsischen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Werner Wargel in sieben Ländern mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht.

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