Bankenchef Ackermann zur griechischen Schuldenkrise:"Wir nehmen fast 70 Prozent Verlust in Kauf"

Noch immer steht eine Einigung mit den privaten Gläubigern aus, doch Bankenchef Ackermann lässt durchblicken, dass die Finanzinstitute erheblich höhere Verluste hinnehmen als die bisher genannten 50 Prozent. Unterdessen drängt Euro-Gruppenchef Juncker Europa, die Anstrengungen für die Rettung Griechenlands zu erhöhen.

Am Montag beginnt der EU-Gipfel - und noch immer haben die Verhandlungen Griechenlands mit den privaten Geldgebern zu keinem Ergebnis geführt. Ministerpräsident Lukas Papadimos steht unter Zeitdruck: Er braucht dringend eine Einigung, damit er nicht mit leeren Händen nach Brüssel reist. "Er muss mindestens etwas Konkretes mitbringen", hieß es aus Kreisen der mitregierenden konservativen Partei Nea Dimokratia.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann glaubt aber an einen positiven Ausgang der Verhandlungen über die Beteiligung der privaten Gläubiger an einem Schuldenschnitt für Griechenland. "Ich bin immer noch zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden, weil alle Beteiligten interessiert sind, einen Default zu vermeiden", sagte Ackermann dem Nachrichtensender n-tv. Ackermann ist zugleich auch Chef des internationalen Bankenverbandes IIF, der im Namen der Branche in Athen verhandelt.

"Wir haben sehr viel getan. Das sind immerhin fast 70 Prozent Verlust, die wir in Kauf nehmen", sagte er. Banken, die ihre griechischen Anleihen bereits mit Marktwerten bilanzierten, müssen damit keine zusätzlichen Belastungen in Kauf nehmen. Ackermann forderte eine gemeinsame Anstrengung zum Schuldenerlass für Griechenland. "Jeder muss seinen Beitrag leisten. Dann werden wir weitersehen."

Der IIF repräsentiert nur ungefähr 60 Prozent der privaten Gläubiger. Unklar ist, wie viele der griechischen Staatsanleihen sich in den Händen von Hedgefonds befinden. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) hält Hellas-Bonds - zuletzt waren Forderungen laut geworden, auch sie solle sich am Schuldenverzicht beteiligen.

Ärger um Rehn

Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker forderte unterdessen die Parteien Griechenlands zu einem neuen Reformbündnis auf. "Die Chefs der drei führenden Parteien müssen wieder eine Reformvereinbarung unterschreiben", sagte der Vorsitzende der Euro-Gruppe dem Handelsblatt. Die neue Vereinbarung sei zwingende Voraussetzung für ein zweites Kreditpaket der Euro-Zone für Griechenland. Juncker zeigte sich enttäuscht von den griechischen Reformen. "Die Regierung strengt sich zwar an, doch die Strukturreformen kommen zu langsam voran."

Auf die Frage nach einem Schuldenerlass für das Land sagte Juncker der österreichischen Zeitung Der Standard: "Wenn die griechische Schuldentragfähigkeit unter Beweis gestellt wird und es ein Gesamtverständnis mit dem privaten Sektor gibt, wird sich auch der öffentliche Sektor fragen müssen, ob er nicht die Hilfestellung leistet." Ob sich auch die Europäische Zentralbank an einem Schuldenschnitt beteilige, sei ihre Sache, schließlich sei die Notenbank unabhängig.

Am Donnerstag hatte EU-Währungskommissar Olli Rehn gesagt, dass der geplante Forderungsverzicht privater Gläubiger nicht ausreichen werde. "Es wird dabei wahrscheinlich einen höheren Bedarf an öffentlicher Finanzierung geben, aber nichts Dramatisches."

Dafür wurde er nun von der Bundesregierung gerüffelt. Sie wirft Rehn vor, mit diesen Aussagen unnötig Verwirrung gestiftet zu haben. Spekulationen dieser Art machten derzeit keinen Sinn. "Sie sind eigentlich eher geeignet, Verunsicherung zu schüren", kritisierte Regierungssprecher Steffen Seibert.

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