Nokia Siemens Networks und Thyssen-Krupp in der Krise:Wenn Manager die mühsame Arbeit meiden

Nokia Siemens gibt München auf, Thyssen-Krupp den Edelstahl. Manchmal hat eine Sparte bei einem neuen Eigentümer zwar eine bessere Zukunft, doch viele Konzernchefs machen es sich zu leicht. Sie werden für die Entwicklung von Unternehmen bezahlt - und nicht für deren schrittweise Abwicklung.

Karl-Heinz Büschemann

Siemens Nokia Networks, ein Hersteller anspruchsvoller Telefon-Netztechnik, streicht in Deutschland jeden dritten Arbeitsplatz. Das Unternehmen, das zu gleichen Teilen dem Siemens-Konzern wie dem finnischen Telekommunikationsanbieter Nokia gehört, wird 2900 von 9000 deutschen Arbeitsplätzen wegsparen. Den Standort München wird es sogar ganz schließen. Ebenfalls am gestrigen Dienstag beschloss der Essener Konzern Thyssen-Krupp, seine notleidende Edelstahltochter zu verkaufen. Auch in diesem Fall soll ein finnischer Konzern die Lösung sein, das Unternehmen Outokumpu, das 70 Prozent der Firma übernimmt.

ThyssenKrupp prüft Edelstahl-Zusammenschluss - Proteste

Ein Stahlarbeiter von Thyssen-Krupp demonstriert vor dem Werk in Krefeld.

(Foto: dpa)

Es ist Zufall, dass in diesen beiden Fällen finnische Konzerne als Partner der Deutschen auftreten. Es kann auch sein, dass das Projekt Thyssen-Outokumpu funktionieren wird, während die gemeinsame Tochter von Nokia und Siemens weiter vor sich hinkriselt. Klar ist allerdings, dass in beiden Fällen schon vor dem Verkauf zu Hause erhebliche Fehler gemacht wurden, die später zu Krisen führten. Diese Fehler rächen sich jetzt und gefährden die Arbeitsplätze.

Der Siemens-Konzern, der mit Telefon- und Kommunikationstechnik seinen Aufstieg zum Weltkonzern schaffte, hatte vor sieben Jahren die Lust an diesem Geschäft verloren. Erst gab er das Handy-Geschäft ab, es war ihm zu mühsam geworden. Ein Jahr später trennte sich Siemens wohl auf Druck der Analysten von der anspruchsvollen Netztechnik, indem der Konzern sie mit Nokia zusammenwarf. Dadurch, so das Kalkül, ließen sich die Verluste schneller beseitigen als durch mühsame Sanierung.

Ähnlich ist es bei Thyssen-Krupp. Der Konzern hat vor genau einem Jahrhundert den Edelstahl erfunden. Das nicht rostende Material galt lange als perfektes Zukunftsgeschäft. Heute macht die Sparte aber hohe Verluste. Da Thyssen-Krupp dringend Geld braucht, nachdem sich die Manager durch grobe Fehler in eine Krise manövriert haben, gilt der Verkauf von Konzernteilen als einzige Methode zu Rettung des Unternehmens. Die Sanierung der Edelstahlparte dauere zu lange, heißt es in Essen. Jetzt bangen die Arbeiter um ihre Jobs.

Abwicklung statt Entwicklung

Es ist nicht verboten, Unternehmensteile zu verkaufen. Manchmal hat eine Sparte bei einem neuen Eigentümer eine bessere Zukunft. Investmentbanker mögen ihr Geld mit der Vermittlung von Firmenverkäufen verdienen - aber mit ihren Ideen, Konzernteile zu kaufen oder zu verkaufen, sind sie manchmal zu eifrig. Industriemanager hingegen sollten wissen, dass ihre eigentliche, mühsame Arbeit darin besteht, alle Teile ihrer Unternehmen konkurrenzfähig zu halten.

Viele Konzernchefs machen es sich zu leicht, wenn sie sich auf ihre Verantwortung den Aktionären gegenüber berufen, nur, um den mühsamen Weg zu meiden. Sie müssen aber erkennen, dass sie für die Entwicklung von Unternehmen bezahlt werden, und nicht für deren schrittweise Abwicklung.

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