Szene-Kolumne:Wolfs Revier

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Auf den ersten Blick passt in diesem Lokal alles zusammen, auf den zweiten allerdings nur noch wenig. Und auf den dritten? In der Isarvorstadt hat die merkwürdige Bar "Zum Wolff" eröffnet.

Philipp Crone

Auf den ersten Blick passt in diesem Lokal alles zusammen, auf den zweiten allerdings nur noch wenig. Und spätestens beim dritten Blick stellt sich die Frage: Kann man überhaupt sehen, ob einem eine Bar gefallen wird?

Im Januar hat in der Pestalozzistraße8 das 'Zum Wolf' geöffnet: die Bar am Eingang mit dunkel vertäfelter Rückwand, im hinteren Teil fünf Tische mit rotweißen Karodecken, an den Wänden schallplattengroße holzgerahmte Bilder von Bluesbläsern. Scheint stimmig eingerichtet zu sein. Bei genauerem Blick gibt es doch Ungereimtheiten. Eine Wand ist mit Tapete verziert, gegenüber prangt schaufenstergroß ein Bergpanoramafoto, die roten, eckigen Lampenschirme auf der einen Seite tauchen das Lokal in ein schummriges Licht, zusammen mit den runden Asia-Lampions gegenüber. Eine Dame spielt Musik, zu der man nicht tanzen kann, auf dem Tresen stehen zerbrechliche Cocktailgläser neben grauen wuchtigen Steinkrügen.

Passt also nicht zusammen? Aber ja, finden die Betreiber Wolfgang Götz, seine Frau Corinna und Wolfgang Zeilnhofer-Rath: Mittellaute Musik, die sonst nirgends gespielt wird, weil sie zu langsam ist, mittelalte Gäste ab Mitte 30, keine Mode- oder Trendzwänge. Als Speisen werden Debrecziner gereicht, frisch von der Großmarkthalle, und die Bar bietet eine Whiskey-Auswahl mit Rye-Spezialitäten (auf Roggen-Basis). Götz hat im Valentinstüberl, im Platzhirsch und im Kunstpark Ost gearbeitet, sein Kompagnon in Pimpernel und X-Cess. 'Zum Wolf' ist nun das Destillat ihrer Kneipenerfahrung, ein schmackhaftes.

Sieht man also, ob ein Lokal gefällt? Nein. Nach dem ersten Blick kann der Gast nur urteilen, was ihm nicht passt. Das geht schnell. Um Zuneigung für eine Bar entwickelt zu können, braucht es Zeit, mindestens einen Abend. Und Drinks. Das Bier aus dem Steinkrug schmeckt herrlich.

© SZ vom 4.2.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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