Unnötige Antibiotika:Nebenhöhlenentzündung heilt auch von allein

Leiden Patienten an akuter Nebenhöhlenentzündung, verschreiben Ärzte in aller Regel Antibiotika. Doch einer neuen Studie zufolge helfen die Medikamente nicht besser als ein Placebo.

Werner Bartens

Eine Nebenhöhlenentzündung ist äußerst lästig. Patienten haben Schmerzen, ein Spannungsgefühl im Gesicht, sie fiebern und fehlen bei der Arbeit. Ärzte verschreiben in dieser Situation typischerweise Antibiotika.

Nötig ist das offenbar nicht, denn die Medikamente lindern die Symptome nicht besser als Scheinpräparate. Zu diesem Ergebnis kommen HNO-Spezialisten und Kinderärzte der Washington University in St. Louis im Fachmagazin Journal of the American Medical Association vom heutigen Mittwoch (Bd. 307, S. 685, 2012).

"Patienten geht es nicht eher besser und sie haben auch nicht weniger Symptome", sagt HNO-Arzt Jay Piccirillo, in dessen Arbeitsgruppe die Studie entstanden ist. "Die meisten Menschen werden auch ohne Antibiotika wieder gesund."

Die Ärzte aus St. Louis hatten 166 Erwachsene untersucht, von denen eine Hälfte das Antibiotikum Amoxicillin bekam, die andere Placebo. Doch weder nach drei noch nach zehn Tagen Behandlung ging es den Patienten mit Antibiotika besser. Um Tag sieben herum, waren bei etwa 80 Prozent der Patienten in beiden Gruppen die ärgsten Beschwerden wieder verflogen. Die Patienten unterschieden sich auch nicht in der Häufigkeit, mit der sie zusätzlich Medikamente gegen die Schmerzen, das Fieber oder den Husten einnahmen.

In den USA wird jedes fünfte Antibiotikum gegen eine Entzündung der Nebenhöhlen verordnet, in Deutschland ist der Anteil ähnlich hoch. Doch statt Antibiotika zu geben, sollten Ärzte in der Praxis allenfalls die unangenehmen Begleitsymptome behandeln, fordern die Autoren.

"Antibiotika werden von Hausärzten viel zu oft verordnet", sagt Jane Garbutt, die Leiterin der Studie. "Wir hoffen, dass die Ärzte mit Hilfe unserer Untersuchung ihren Patienten erklären können, dass Antibiotika bei akuter Nebenhöhlenentzündung keine Abhilfe schaffen." Tritt nach zehn Tagen überraschenderweise keine Besserung ein, könnten immer noch andere Therapieoptionen erwogen werden.

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