Immobiliendeals mit Privatinvestoren:Kein Blutbad für Mieter

Der neue, private Eigner von 21.000 Wohnungen in Baden-Württemberg genießt einen vergleichsweise guten Ruf. Aufhorchen lässt allerdings, dass dort nun ein Manager an maßgeblicher Stelle sitzt, der in Dresden Gebäude verkommen ließ. In Bayern sollte das bedacht werden, wenn die Wohnungen der Landesbank verkauft werden.

Alexander Hagelüken

Jahrzehntelang gab es in deutschen Großstädten Hunderttausende Wohnungen, deren Eigentümern es nicht nur um den Profit ging. Die Mieten waren bezahlbar, und wenn die Heizung kaputtging oder das Wohnzimmer zu schimmeln drohte, wurde das umgehend repariert - der Vermieter war staatlich oder staatsnah und versuchte nicht, durch Vernachlässigung die Rendite zu maximieren.

Inzwischen haben zahlreiche Städte ihre Wohnungen verkauft, an private Firmen oder amerikanische Finanzinvestoren. Die Erfahrungen der mitverkauften Mieter mit diesen neuen Herren sind höchst unterschiedlich. Manche der Eigentümer sind ehrenwert, andere dagegen lassen trotz aller Sozialklauseln Wohnungen verlottern, weil es ihnen nur um den Profit geht - für deutsche Mieter eine neue Erfahrung.

Vor diesem Hintergrund ist es interessant, dass nach einer Pause durch die Finanzkrise nun auf einen Schlag viele staatliche Immobilien zum Verkauf stehen. Die angeschlagenen Landesbanken von Bayern und Baden-Württemberg müssen auf Druck der EU-Kommission mehr als 50.000 Wohnungen losschlagen, um ihre Rettung durch den Staat gegenzufinanzieren. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wer dafür der beste Käufer wäre - der beste für die Staatskasse und der beste für die Mieter. Und ob man die Interessen der Mieter über die der Staatskasse stellen sollte.

In Bayern ist noch nicht klar, wer die Wohnungen bekommt, die Landesregierung möchte sie am liebsten an die Kommunen verkaufen. In Baden-Württemberg dagegen ist die Entscheidung gerade gefallen: Den Zuschlag für gut 20.000 Wohnungen bekommt die private Firma Patrizia, der staatsnah-genossenschaftliche Konkurrent offerierte etwas weniger Geld und ging deshalb leer aus - obwohl er angeboten hatte, mehr für den Mieterschutz zu tun, als es die üblichen Sozialklauseln vorschreiben. Es ist schade, dass sich Baden-Württemberg die Chance entgehen ließ, dem fragwürdigen Trend der Privatisierung um jeden Preis etwas entgegenzusetzen. Wichtiger als ein paar Millionen Euro mehr sollte der größtmögliche Schutz meist wenig begüterter Mieter sein.

Schimmel, kaputte Heizungen, Löcher in den Türen

Zwar gibt es am neuen Eigentümer Patrizia bisher wenig auszusetzen. Die börsennotierte Firma hat einen vergleichsweise guten Ruf, sodass sie Vertrauenskredit verdient. Aufhorchen lässt allerdings, dass bei ihr an zentraler Stelle ein Manager mitwirkt, der einst für den US-Investor Fortress den Kauf der Immobilienfirma Gagfah einfädelte. Gagfah übernahm zum Beispiel vor fünf Jahren alle Wohnungen der Stadt Dresden. Und investierte dann in Dresden und anderen Städten halb so viel in seine Wohnungen, wie Vermieter im Branchendurchschnitt.

Das Ergebnis: Mieter klagen über Schimmel, kaputte Heizungen und Löcher in den Türen. Besser ging es Gagfah-Haupteigner Fortress: 2009 etwa kassierte der Investor, für dessen Spezies Franz Müntefering einst den Begriff Heuschrecke prägte, eine hohe Dividende - obwohl Gagfah Verluste schrieb. Als die Stadt Dresden die Immobilienfirma verklagte, drohte ihr der erwähnte heutige Patrizia-Manager übrigens ein "Blutbad" an.

Baden-Württemberg hätte die Chance nutzen sollen, die Wohnungen an einen genossenschaftlichen Eigentümer zu vergeben - der zudem noch die Stadt Stuttgart im Boot hatte. Ein Fehler war es, dass die Regierung nicht die Position der EU-Kommission abgeräumt hat, die einen Verkauf an den meistbietenden Investor verlangte.

Was geschieht nun in Bayern? Die Landesregierung und einige Kommunen beginnen gerade, sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben. Der Wahlkampf zwischen Ministerpräsident Horst Seehofer und seinem SPD-Herausforderer Christian Ude droht den Verkauf zu überlagern. Das allerdings wäre die schlechteste Variante. Die bisherigen Mieter der Landesbank verdienen Schutz - sie dürfen nicht an einen Finanzinvestor verramscht werden, der ihre Wohnungen verkommen lässt.

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