Korruptionsaffäre:Pierer zahlt fünf Millionen Euro an Siemens

Erst verweigerte er sich den Forderungen nach Schadenersatz, jetzt hat Heinrich von Pierer seine Meinung offenbar geändert - und zahlt Siemens fünf Millionen Euro.

Klaus Ott

Der langjährige Siemens-Vorstandschef Heinrich von Pierer zahlt überraschend nun doch Schadenersatz für den Schmiergeldskandal, der den Industriekonzern nach eigenen Angaben bislang mehr als zwei Milliarden Euro gekostet hat. Damit ist eine Klage von Siemens gegen Pierer hinfällig.

Heinrich von Pierer, Foto: ddp

Heinrich von Pierer zahlt offenbar fünf Millionen Euro Schadenersatz an den Siemens-Konzern.

(Foto: Foto: ddp)

Nach Angaben aus Konzernkreisen haben sich das Unternehmen und der frühere Top-Manager auf eine Summe von fünf Millionen Euro geeinigt - eine Million Euro weniger als von Siemens ursprünglich gefordert. Bis zuletzt hatte es danach ausgesehen, dass es zu einem spektakulären Schadenersatzprozess kommen werde.

Mangelnde Kontrolle

Siemens ist zu dem Nachlass an Pierer bereit, um einen mehrjährigen Prozess zu vermeiden, der das Unternehmen weiter mit dem Korruptionsfall belasten würde. Ohne die jetzt erzielte Einigung hätte der Aufsichtsrat von Siemens an diesem Mittwoch eine Klage gegen Pierer beschlossen. Der Aufsichtsrat hatte ein entsprechendes Ultimatum gesetzt.

Trotz des Nachlasses bringt Pierer von den zehn früheren Vorstandsmitgliedern, von denen Siemens Schadenersatz fordert, nach wie vor den höchsten Betrag auf. Von den übrigen Ex-Managern verlangt das Unternehmen zwischen 500.000 und vier Millionen Euro.

Siemens wirft Pierer und dessen damaligen Kollegen vor, ihre Amtspflichten vernachlässigt zu haben. Mangelnde interne Kontrollen sollen die Schmiergeldzahlungen in vielen Ländern ermöglicht haben, mit denen sich Siemens lukrative Aufträge für Kraftwerksbauten und andere Projekte besorgte. Mit der Mehrzahl der ehemaligen Manager hat sich Siemens Unternehmenskreisen zufolge inzwischen auf Zahlungen verständigt.

Hohe Risiken

Mit dem früheren Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger und dem Ex-Manager Thomas Ganswindt, gegen die strafrechtlich ermittelt wird, gibt es keine Einigung. Sie sollen verklagt werden, heißt es aus dem Konzern. Zu den früheren Managern, die einlenken, gehört auch Pierers Nachfolger als Vorstandschef, Klaus Kleinfeld. Er will zwei Millionen Euro zahlen. Kleinfeld weist, ebenso wie Pierer, jede Schuld an dem Korruptionsskandal von sich.

Pierers Anwälte hatten bei den Verhandlungen mit Siemens erklärt, es sei nicht einzusehen, dass ihr Mandant mehr Geld aufbringen solle als die anderen Ex-Manager. Falls es dabei bleibe, werde es keine Einigung geben. Dass es nun trotzdem dazu kommt, wird bei Siemens auch mit den für Pierer hohen Risiken eines Prozesses erklärt. Der Konzern hätte einen Milliardenschaden geltend gemacht, für den Pierer im für ihn schlimmsten Fall mit seinem gesamten Vermögen hätte haften müssen. Das Vorgehen gegen den langjährigen, früher als "Mr. Siemens" bezeichneten Vorstandschef wird in Wirtschaft und Industrie aufmerksam registriert. Die Aufklärung des Korruptionsfalles Siemens und die Konsequenzen gelten als wegweisend.

Seit Beginn des Skandals vor drei Jahren haben viele Großkonzerne ihre internen Kontrollen verstärkt. Vorstände und Aufsichtsräte wollen das Risiko begrenzen, wegen mangelnder Vorkehrungen gegen kriminelle Machenschaften selbst haftbar gemacht zu werden. Die Staatsanwaltschaft München will gegen Pierer wegen der bei Siemens entdeckten, früheren Schmiergeldsysteme einen Bußgeldbescheid erlassen.

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