Politik kompakt:Nebenklage im Jalloh-Prozess hält Gericht für befangen

Der Prozess um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh stand bereits kurz vor dem Ende, doch möglicherweise muss das Verfahren erneut aufgerollt werden: Die Nebenanklage wirft dem Magdeburger Landgericht Befangenheit vor.

im Überblick

Kurz vor einem möglichen Abschluss des Prozesses um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh muss ein Befangenheitsantrag gegen die Kammer des Magdeburger Landgerichts geprüft werden. Die Nebenklage, die unter anderem Jallohs Mutter vertritt, hält sowohl Richter als auch Schöffen für befangen und "misstraut deren Unparteilichkeit".

Prozess um Feuertod von Oury Jalloh

Der Asylbewerber Oury Jalloh war am 7. Januar 2005 bei einem Brand in seiner Zelle gestorben.

(Foto: dpa)

Hintergrund für den Befangenheitsantrag ist ein Vorschlag der Vorsitzenden Richterin, Claudia Methling, den Prozess gegen den Polizei-Dienstgruppenleiter gegen eine Geldauflage vorläufig einzustellen. Der Mann ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Alternativ hätten nach Vorstellung des Gerichts noch am Dienstag die Plädoyers gehalten werden sollen.

Die Vertreterin der Nebenklage, Gabriele Heinecke, sagte, sie sei erschüttert über diesen Vorschlag. Die Kammer habe sich von den Vorgaben des Bundesgerichtshofes entfernt und sei der Aufklärung des Verbrechens nicht nachgekommen. Es sei immer noch ungeklärt, wie Oury Jalloh mit etwa drei Promille Alkohol den Brand in seiner Zelle selbst verursacht haben soll. Die Kammer habe den Fall zur "Qualität eines Verkehrsunfalls herabgestuft", sagte Heinecke.

Unter der langen Verfahrensdauer litten nicht nur der Angeklagte, auch die Nebenkläger, sie quälten die Ungewissheit über die Todesumstände. Zudem kritisierte sie die "latent aggressive Grundhaltung" der Vorsitzenden Richterin sowie die Ablehnung eines weiteren Brandgutachtens.

Oury Jalloh war am 7. Januar 2005 bei einem Brand in seiner Zelle gestorben. Der Angeklagte soll nicht schnell genug auf das Signal eines Feuermelders in Jallohs Zelle reagiert haben. Jalloh, der wegen Belästigung von Frauen und Widerstandes gegen die Polizei festgenommen worden war, soll die Matratze, auf der er an Händen und Füßen gefesselt war, selbst mit einem Feuerzeug angezündet haben.

Das Landgericht Dessau-Roßlau hatte den Angeklagten am 8. Dezember 2008 freigesprochen. Im Januar 2010 hob der Bundesgerichtshof den Freispruch auf. Seit dem 12. Januar 2011 wird der Fall vor dem Landgericht Magdeburg neu verhandelt. Sollte die gesamte Kammer für befangen erklärt werden, muss das Verfahren gegen den Angeklagten noch einmal neu aufgerollt werden.

(dapd)

FDP-Abgeordneter muss auf seinen akademischen Grad verzichten, Kosovo-Serben haben erneut eine Fahrzeugkolonne der EU-Rechtsstaatsmission blockiert und Beate Zschäpe muss vorerst nicht vor dem Neonazi-Untersuchungsausschuss erscheinen. Lesen Sie hier weitere Meldungen.

FDP-Abgeordneter verliert Doktorgrad

Nach Silvana Koch-Mehrin und Jorgo Chatzimarkakis muss erneut ein FDP-Politiker auf seine Doktorwürde verzichten. Wie die Wirtschaft- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Köln mitteilte, hat sie dem FDP-Bundestagsabgeordneten Bijan Djir-Sarai den akademischen Grad aberkannt.

FDP-Politiker Djir-Sarai muss Doktortitel abgeben

Muss auf seinen akademischen Grad verzichten: FDP-Politiker Bijan Djir-Sarai.

(Foto: dapd)

Dieser habe in seiner Dissertation "Ökologische Modernisierung der PVC-Branche in Deutschland" in erheblichem Umfang wissenschaftliche Zitierpflichten nicht hinreichend beachtet, erklärte die Hochschule. An zahlreichen Stellen habe Djir-Sarai Textpassagen aus Werken fremder Autoren sinngemäß übernommen, ohne diese korrekt zu kennzeichnen oder offenzulegen.

Djir-Sarai zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung. Er habe die Prüfung seiner Arbeit durch die Universität immer umfassend unterstützt, sagte der Bundestagsabgeordnete.

"Bereits zu Beginn des Verfahrens hatte ich allerdings den festen Entschluss gefasst, das Ergebnis - egal wie es ausfallen würde - nicht im Nachhinein gerichtlich anzufechten." Der 35-jährige Parlamentarier aus Grevenbroich in Nordrhein-Westfalen war im Mai 2011 ins Visier der Plagiatsjäger der Plattform Vroniplag geraten.

(dpa)

Kosovo-Serben blockieren Eulex-Konvoi

Zum zweiten Mal innerhalb von vier Tagen haben Kosovo-Serben eine Fahrzeugkolonne der EU-Rechtsstaatsmission (Eulex) blockiert. Serbische Demonstranten stoppten den Konvoi auf dem Weg zum Grenzübergang Brnjak und schickten ihn zur Polizeistation der serbischen Gemeinde Zubin Potok zurück, berichteten die Medien in Belgrad und Pristina.

Auch Soldaten der internationalen Schutztruppe KFOR hätten die freie Fahrt nicht durchsetzen können. Die Serben blockieren seit Sommer des Vorjahres alle Eulex-Fahrzeuge in Nordkosovo, weil sie dieser größten EU-Auslandsmission Einseitigkeit zugunsten der albanisch kontrollierten Regierung in Pristina vorwerfen.

Die völlige Bewegungsfreiheit für die EU-Experten war eine zentrale Bedingung, dass die EU-Staats- und Regierungschefs Serbien am letzten Donnerstag zum EU-Beitrittskandidaten ernannten. Die Mission besteht aus Polizisten, Zöllnern, Richtern und Verwaltungsexperten. Zum ersten Mal hatten die Serben bereits wenige Stunden nach der Entscheidung der EU-Staats- und Regierungschefs Eulex-Fahrzeuge festgesetzt.

(dpa)

Zschäpe vorerst nicht vor Untersuchungsausschuss

Der Neonazi-Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages verzichtet vorerst auf eine Vorladung der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe. Das neunköpfige Gremium beschloss, ihre Zeugenanhörung auszusetzen, wie die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx in Erfurt sagte.

Da Zschäpe laut Ankündigung ihres Anwaltes von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätte, wäre ihre Vorladung unverhältnismäßig, lautete die Begründung. Der Ausschuss will nun am kommenden Montag sein weiteres Arbeitsprogramm festlegen.

Er untersucht ein mögliches Fehlverhalten Thüringer Behörden beim Untertauchen des Neonazi-Trios.

(dpa)

Verteidigungsminister de Mazière besucht Nordafghanistan

Angesichts der jüngsten Unruhen in Afghanistan hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) der ISAF-Schutztruppe im Norden des Landes einen Überraschungsbesuch abgestattet. De Maizière war ohne Delegation und Pressebegleitung nach Afghanistan geflogen.

In jüngster Zeit war auch der deutsche Verantwortungsbereich in Nordafghanistan von den Unruhen nach der Koran-Verbrennung durch US-Soldaten erfasst worden. Daher wollte sich der CDU-Politiker ein aktuelles Lagebild verschaffen, hieß es. Nach Bundeswehrangaben besuchte der Minister die deutsche Operationsbasis OP North im Baghlan-Tal und Khilagay in der Nähe der Stadt Pol-i-Khomri. Diesen Außenposten hat mit de Maizière erstmals ein Minister besucht.

Im Außenposten OP North trainieren Bundeswehrsoldaten des Ausbildungs- und Schutzbataillons die afghanische Armee. Im kleineren Khilagay sind deutsche Soldaten im sogenannten Operational Mentor and Liaison Team (OMLT) bei der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte im Einsatz. Zudem besuchte de Maizière den größten deutschen Stützpunkt Masar-i-Scharif und gedachte am dortigen Ehrenhain der gefallenen Soldaten.

Weiterhin informierte sich der Ressortchef auf seiner eintägigen Afghanistan-Reise über die Situation im ungarischen Regionalen Wiederaufbauteam PRT in Pol-i-Khomri.

(dapd)

Erdogan verspricht türkischen Aleviten Schutz

Die türkische Regierung hat der Minderheit der alevitischen Muslime Schutz versprochen. 25 von Aleviten bewohnte Häuser in der östlichen Stadt Adiyaman seien kürzlich von Vandalen heimgesucht worden, sagte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.

Nach Angaben des Innenministers Idris Naim Sahin waren die Häuser mit roter Farbe markiert worden. Der Vorfall rief Sorgen über die Sicherheit der Mitglieder der größten religiösen Minderheit in der Türkei hervor.

1978 waren ähnliche Markierungen der Tötung von 100 Aleviten in der Nachbarprovinz Kahramanmaras vorausgegangen. Aleviten werden von einigen konservativen Schiiten und Sunniten als Ungläubige angesehen.

(dapd)

Weniger Rückfalltäter unter ehemaligen Guantanamo-Häftlingen

Offenbar waren weniger ehemalige Häftlinge des US-Militärgefängnisses Guantánamo auf Kuba nach ihrer Freilassung in terroristische Aktivitäten verwickelt als angenommen.

In einem am Montag veröffentlichten Bericht des US-Geheimdienstdirektors heißt es, nur knapp 16 Prozent der freigelassenen Gefangenen, das sind 95 von 600, seien als Rückfalltäter bestätigt. Etwa zwölf Prozent, 72 Häftlinge, würden verdächtigt, wieder einer Terrorgruppe beigetreten zu sein und stünden unter Beobachtung, erklärte ein Pentagon-Sprecher.

In einem Kongressbericht der Republikaner vom Februar war noch von 27 Prozent der Ex-Häftlinge die Rede gewesen, die sich dem Kampf wieder angeschlossen hätten.

(dapd)

Obama verlegt G8-Gipfel nach Camp David

US-Präsident Barack Obama hat das im Mai geplante Gipfeltreffen der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G8) von Chicago nach Camp David verlegt.

Obama sei der Ansicht, der Präsidentenlandsitz in den Bergen nördlich von Washington biete eine informelle und vertrauliche Umgebung für das Treffen am 18. und 19. Mai, erklärte das Präsidialamt.

In der Vergangenheit wurden die Beratungen der G8 oft von gewaltsamen Demonstrationen begleitet. Nach den "Occupy Wall Street"-Protesten im vergangenen Jahr haben Aktivisten angekündigt, zu Tausenden nach Chicago zu kommen. Sie wollten dort gegen die wachsende Jugendarbeitslosigkeit in Europa und den USA demonstrieren.

(Reuters)

Niedersachsen startet Aussteigerprogramm für Islamisten

Im Kampf gegen die Radikalisierung junger Muslime startet Niedersachsen ein Aussteigerprogramm sowie ein Hinweistelefon. Außerdem soll der Gefahr einer Radikalisierung mit einem Präventionsprogramm und einer Früherkennung entgegengewirkt werden, sagte Innenminister Uwe Schünemann (CDU).

Das Konzept von Innenministerium und Verfassungsschutz geht auf eine Initiative des muslimischen Landesverbandes zurück, der gemeinsam mit der staatlich türkischen Moschee-Gemeinschaft Ditib an dem Programm mitwirkt.

Gefährdete und bereits radikalisierte Muslime sollen vom Verfassungsschutz gezielt angesprochen werden. Dies habe sich beim Vorgehen gegen Rechtsextremismus bewährt, sagte der Minister.

(dpa)

163 Rebellen in Libyen beigesetzt

Tausende Libyer haben am Montag in Bengasi an der Beisetzung von mehr als 160 Rebellen teilgenommen, deren Leichen am Wochenende in einem Massengrab entdeckt worden waren. Die Menge lief zum Tahrir-Platz der Stadt, wo Gebete für die "Märtyrer" gesprochen wurden. Anschließend zogen die Menschen zum islamischen Friedhof der Stadt.

Dem libyschen Komitee für Vermisste zufolge konnten bis Montag nur 70 der insgesamt 163 Leichen identifiziert werden. Das Massengrab war mit Hilfe der Vereinten Nationen in der Küstenstadt Ben Dschawad nahe Sirte entdeckt worden.

Dem Komitee zufolge handelt es sich bei den Toten um Rebellen, die während der Kämpfe gegen die Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi im Februar und März vergangenen Jahres in den Orten Brega, Ras Lanuf, Ben Dschawad und Sirte getötet wurden. Einige von ihnen seien hingerichtet worden, andere seien im Kampf gestorben, hieß es.

(AFP)

185 Soldaten in Jemen getötet

Die heftigen Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Extremisten am Wochenende im Jemen haben 185 Soldaten das Leben gekostet. Aus Behördenkreisen verlautete, in der Wüste außerhalb der Ortschaft Sindschibar, der Hauptstadt der Provinz Abjan, seien weitere Leiche gefunden worden.

Auch mindestens 32 Extremisten wurden getötet. Auf beiden Seite gab es zahlreiche Verwundete. Mediziner bestätigten die Angaben und erklärten, einige der Leiche seien verstümmelt worden. Die Region wird seit Mai 2011 von Aufständischen kontrolliert.

(dapd)

Halbautonome Republik im Osten Libyens ausgerufen

Stammesführer und Milizenkommandeure haben im ölreichen Osten von Libyen eine halbautonome Republik ausgerufen. Tausende Stammesmitglieder, Milizionäre und Politiker nahmen am Dienstag an der Zeremonie in der Stadt Bengasi teil.

Sie ernannten einen Rat, der die Angelegenheiten der neuen Region regeln soll, die sich von der Küstenstadt Sirte bis zur ägyptischen Grenze erstreckt. Der Nationale Übergangsrat, die Zentralregion des Landes, hat sich wiederholt gegen die Ausrufung der Region ausgesprochen und vor einem Auseinanderbrechen des Landes gewarnt.

(dapd)

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