Personalrochade bei der Deutschen Bank:Ackermanns Leute müssen gehen

Umbruch bei der Deutschen Bank: Die neuen Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen ziehen ihre Vertrauten nach und drängen enge Mitarbeiter des scheidenden Chefs Ackermann aus ihren Ämtern. Doch nicht nur Personalien werden ausgetauscht, auch strategisch ändert sich einiges.

Caspar Busse und Harald Freiberger

Die künftigen Chefs der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, bauen den Vorstand des Instituts von Grund auf um. Die zwei Vorstände Hugo Bänziger, 56, oberster Risikomanager, und Hermann-Josef Lamberti, 56, der für Personal und Technik zuständig ist, müssen gehen, erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus Aufsichtsratskreisen. Das sei am Dienstag im vierköpfigen Präsidialausschuss des Kontrollgremiums verkündet worden. Es gebe bereits Gespräche über die Aufhebung ihrer Verträge und Abfindungsangebote. Die Gespräche liefen positiv, unterschrieben sei aber noch nichts. Formal muss der gesamte Aufsichtsrat zustimmen. Er tagt am Freitag nächster Woche.

Zeitung: Deutsche Bank will zwei Vorstaende ihrer Aemter entheben

Dass Josef Ackermann (rechts) seinen Posten als Chef der Deutschen Bank abgeben wird, ist schon lange bekannt. Nun soll auch sein engster Vertrauter, Vorstandsmitglied Hugo Bänziger (li.), gehen.

(Foto: dapd)

Die Deutsche Bank wollte den Vorstandsumbau nicht kommentieren. In ersten Reaktionen wurden in Bankenkreisen aber Befürchtungen laut, der Londoner Investmentbanker Jain könnte in Frankfurt nun den Durchmarsch wagen und sich über Befürchtungen der deutschen Seite hinwegsetzen.

Von Noch-Chef Josef Ackermann ist bekannt, dass er Jain für ungeeignet hielt, an der Spitze der Bank zu stehen, weil dieser zu sehr im riskanten Investmentbanking verankert sei. Ackermann hatte sich in den vergangenen Jahren um einen Ausgleich zwischen dem Investmentbanking und dem traditionellen, risikoärmeren Geschäft mit Privat- und Firmenkunden bemüht. Er wird nach der Hauptversammlung am 31. Mai von Jain und Fitschen abgelöst.

Alte Vertraute werden ausgetauscht

Pikant ist vor allem, dass Bänziger und Lamberti als Vertraute Ackermanns galten, die auch für dessen Kurs des Ausgleichs standen. Sie werden nun durch enge Vertraute Jains ersetzt. Der Vorstand wird jünger, internationaler - und stärker von Investmentbankern dominiert. Oberster Risikomanager soll der Amerikaner Bill Broeksmit werden, der 1997 mit Jain und dessem später tödlich verunglücktem Ziehvater Ed Mitchell von Merrill Lynch zur Deutschen Bank nach London kam. Er war dort bisher schon als Bänzigers Vize für Risikokontrolle zuständig, intern soll er den Spitznamen "Dr. No" haben. Doch es gibt Zweifel, ob er ein ebenso starkes Gegengewicht zu Jain bilden wird wie Bänziger, der den Investmentbankern in London häufig auf die Finger klopfte. Einen Teil von Bänzigers Aufgaben, das Treasury und das Management von Kreditrisiken, soll Finanzchef Stefan Krause übernehmen.

Der Schweizer Bänziger, der seit 1996 bei der Deutschen Bank ist, gilt als versierter Fachmann. Er hat die Deutsche Bank als oberster Risikomanager gut durch die Finanzkrise gesteuert. Sein Verhältnis zu Jain war aber zuletzt schon nicht mehr das beste. Er hatte auch selbst Ambitionen, Chef der Deutschen Bank zu werden, und galt deshalb als Rivale Jains. "Er wäre immer ein Unsicherheitsfaktor für das neue Duo gewesen", hieß es in Finanzkreisen.

Nachfolger Lambertis als Chief Operating Officer (COO) soll Henry Ritchotte werden, ein international ausgerichteter Manager, der in Japan und den USA aufwuchs und sechs Sprachen spricht, auch ein passables Deutsch. Er gilt ebenfalls als enger Vertrauter Jains, bisher hatte er den COO-Posten in London inne.

Darüber hinaus rückt der gebürtige Österreicher Stephan Leithner in den Vorstand auf, wo er einen Teil von Lambertis bisherigen Aufgaben übernimmt: Er soll für Personal und rechtliche Fragen zuständig sein. Leithner war bisher Chef des Investmentbankings in Deutschland und arbeitete in dieser Funktion eng mit Jain zusammen. Er wird zudem neuer Europa-Chef. In der Deutschen Bank werteten einige die Personalrochade als "Übernahme des Instituts durch London". Manche sorgen sich, dass das "Deutsche" in der Deutschen Bank mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt werden könnte, ebenso die Verankerung der Bank in der deutschen Politik und Gesellschaft.

Jain und Fitschen hätten solche Bedenken aber nach der Verkündung der Personalien im Präsidialausschuss zu zerstreuen versucht, hieß es in Aufsichtsratskreisen. Es handle sich um eine gemeinsame Entscheidung. "Das ist deren Handschrift", hieß es. Beide legten auch ein Bekenntnis zur Universalbank ab, also zu einem Ausgleich zwischen Investmentbanking und traditionellem Bankgeschäft. Auch die Finanzaufsicht Bafin und die Bundesbank sollen die neuen Chefs schon über ihre Pläne informiert haben.

Strategische Veränderungen stehen an

Da die Aufgaben von Bänziger und Lamberti auf mehrere Schultern verteilt werden, erhöht sich die Zahl der Vorstände von sieben auf acht. Vergrößert wird auch der erweiterte Vorstand, intern GEC genannt, von derzeit zwölf auf 17 Mitglieder. Neu dazu kommen unter anderem David Folkerts-Landau, der Leiter der Analyseabteilung, und Chefjustiziar Richard Walker. Auch der 38-jährige Colin Fan, der in China geboren wurde und in Kanada aufwuchs, rückt in den erweiterten Vorstand auf. Er übernimmt zusammen mit Asien-Chef Robert Rankin die Leitung der Investmentbanking-Sparte, Jains bisherigen Job.

Die beiden neuen Chefs präsentierten auch weitere strategische Veränderungen. So sollen die Vermögensverwaltung für Superreiche und die normale Vermögensverwaltung, zu der die Fondsgesellschaft DWS gehört, zu einer eigenen, vierten Division zusammengefasst werden. Die bisherigen Chefs dieser Sparten, Pierre de Weck und Kevin Parker, spielen im neuen Personaltableau keine Rolle mehr. Sie dürften bald ausscheiden.

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