Helmut Kohl in Bildern:Der Mann, der die Einheit brachte

Kein anderer Kanzler regierte so lange wie Helmut Kohl. Seine Kritiker warfen ihm vor, er stehe für deutschen Mief und Vetternwirtschaft - für seine Anhänger ist er Symbol der Wiedervereinigung.

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Helmut Kohl wird 80

Quelle: Bundespresseamt/dpa

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Helmut Kohls politische Karriere beginnt früh: 1946, mit 16 Jahren, tritt er in die CDU ein und ist 1947 Mitbegründer der Jungen Union in Ludwigshafen. Mit 29 Jahren wird er für die CDU in den Landtag von Rheinland-Pfalz gewählt. Zwar steht Kohl 1967 - zum Zeitpunkt dieser Aufnahme - noch im Schatten von Alt-Bundeskanzler Konrad Adenauer. Er ist aber bereits CDU-Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz und Mitglied des CDU-Bundesvorstands.

Helmut Kohl ehrt Fritz Walter, 1970

Quelle: SWR

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1969 wird Kohl Nachfolger von Peter Altmeier im Amt des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten. Er ist mit 39 damals Deutschlands jüngster Regierungschef. Auf dem Bild überreicht er 1970 dem Ehrenspielführer der Fußballnationalmannschaft, Fritz Walter, das Bundesverdienstkreuz. Im Jahr darauf kandidiert der damals 41-jährige Kohl für den Bundesvorsitz der CDU, unterliegt aber Rainer Barzel.

Helmut Kohl (li.) und Helmut Schmidt, 1976

Quelle: dpa

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1973 folgt die Revanche. Kohl löst Barzel als Bundesvorsitzenden der CDU ab. Er wird die Funktion 25 Jahre lang innehaben. Bei der Bundestagswahl 1976 verliert er gegen SPD-Kanzler Helmut Schmidt. Vor der Bundestagswahl 1980 muss Kohl noch Franz Josef Strauß den Vortritt bei der Kanzlerkandidatur lassen. Die Wahl geht jedoch verloren und CSU-Chef Strauß bleibt als Ministerpräsident in Bayern. Kohl ist weiterhin Oppositionsführer.

Im Bild: Helmut Kohl (li.) mit SPD-Kanzler Helmut Schmidt im Wahljahr 1976.

Helmut Kohl wird 80

Quelle: dpa

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Am 1. Oktober 1982 ist Kohl am Ziel. Er wird sechster deutscher Bundeskanzler. Zuvor war die sozial-liberale Koalition von Schmidt am 17. September an Streitigkeiten über die Wirtschaftspolitik zerbrochen. Zum Bundeskanzler wird Kohl durch das erste erfolgreiche konstruktive Misstrauensvotum in der Geschichte des Bundestags.

Helmut Kohl Helmut Schmidt Bundeskanzler 1982

Quelle: Martin Athenstädt/dpa

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Kohls Kanzlerschaft ist also nicht das Ergebnis regulärer Bundestagswahlen. Deswegen entschließt Kohl sich zu einem ungewöhnlichen Schritt. Am 17. Dezember stellt Kohl im Bundestag die Vertrauensfrage. Es war abgesprochen, dass sich die Abgeordneten der Regierungskoalition enthalten würden. So wird Kohl das Misstrauen ausgesprochen. Nun kann der Bundespräsident die Auflösung des Parlaments vorschlagen. Im März 1983 finden vorgezogene Neuwahlen statt, die Kohls Bündnis klar gewinnt.

Im Bild: Kohl während seiner Rede am 1.Oktober 1982 vor der geheimen Abstimmung im Bundestag über das konstruktive Misstrauensvotum zum Sturz von Bundeskanzler Helmut Schmidt (links).

Hannelore und Helmut Kohl im Urlaub, 1998

Quelle: dpa

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Von Anfang an ist der Kanzler aus Rheinland-Pfalz Spott und Satire ausgesetzt: Seine Gegner nennen ihn "Birne" - inspiriert durch Karikaturen und in Anspielung auf seine Körperfülle, aber auch auf seine vermeintliche Einfältigkeit. Seine Vorliebe für Pfälzer Saumagen und bieder inszenierte Familienfotos verstärkten den Eindruck von Provinzialität. Dieses Foto mit Ehefrau Hannelore Kohl enstand am Wolfgangsee in Österreich.

Helmut Kohl wird 80

Quelle: Wolfgang Eilmes/dpa

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Kohl agiert jedoch alles andere als provinziell: Er macht sich von Anfang an für ein Zusammenwachsen Europas stark. 1984 etwa trifft er etwa den damaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand am Ort der Schlacht um Verdun, bei der im Ersten Weltkrieg Abertausende deutsche und französische Soldaten starben. Das Foto ihres minutenlangen Händedrucks wird ein Symbol der deutsch-französischen Versöhnung. Deutschland und Frankreich werden später auch beim Vertrag von Maastricht und bei der Einführung des Euro die treibenden Kräfte sein.

Helmut Kohl

Quelle: dpa

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Kohl hatte nach seiner Wahl eine "geistig-moralische Wende" angekündigt, was Kritikern später wie Hohn vorkam. Denn SPD, FDP und auch die Union hatten Geld vom Großkonzern Flick angenommen. Im Untersuchungsausschuss (Foto) musste im November 1984 auch Kohl aussagen. Der konnte sich an viele Situationen nicht mehr erinnern - was sein damaliger CDU-Generalsekretär Heiner Geißler mit einem "Blackout" entschuldigte.

Ein umstrittenes Zitat des Kanzlers stammt aus dem Januar des Jahres: In einer Rede vor der Knesset in Israel sprach er von der "Gnade der späten Geburt". Er hatte damit sagen wollen, dass es nicht das moralische Verdienst seiner Generation gewesen sei, an den Verbrechen der Nationalsozialisten unbeteiligt gewesen zu sein. Kritik wurde an der Formulierung laut, da sie als mögliche Distanzierung von der historischen Verantwortung der Deutschen verstanden werden konnte.

20 Jahre Mauerfall

Quelle: Dieter Klar/dpa

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In die Geschichte ging Helmut Kohl jedoch als Kanzler der deutschen Einheit ein. Als US-Präsident Ronald Reagan (Mitte, mit Kohl, rechts, und Bundestagspräsident Philipp Jenninger, links) 1987 vor dem hinter der Berliner Mauer befindlichen Brandenburger Tor dem Sowjetführer zuruft: "Mister Gorbatschow, tear down this wall!", scheint die Wiedervereinigung noch in weiter Ferne.

20 Jahre Mauerfall

Quelle: Wolfgang Kumm/dpa

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Doch zwei Jahre später ist die Chance zur Einheit da. Gorbatschows Glasnost- und Perestroika-Politik bringt die entscheidende Wende. Im August 1989 flüchten viele DDR-Bürger über Ungarn, wo die Grenzen nur noch zögerlich überwacht werden, in die Bundesrepublik, oder campieren zu Tausenden auf dem Gelände der Bonner Botschaft in Prag. Im Land fordern Demonstranten mehr Freiheit. Die SED-Führung steht unter Druck und öffnet am 9. November 1989 die Grenze. Wie hier im Bild, bei der ersten deutsch-deutschen Silvesterfeier am Brandenburger Tor, erklimmen die Menschen von beiden Seiten die Mauer, fallen sich gegenseitig in die Arme, weinen vor Freude. Es ist die Geburtsstunde eines neuen Deutschlands. Kohl wird von der rasanten Entwicklung überrascht, handelt aber schnell.

Helmut Kohl wird 80

Quelle: dpa

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Etwa drei Wochen nach dem Mauerfall stellt Kohl im Bundestag ein "Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas" vor. Am 15. Juli 1990 geht dann sogar seine Strickjacke in die Geschichte ein. Der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow, Helmut Kohl und Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher treffen sich in der kaukasischen Natur. Der Altkanzler setzt auf Männerfreundschaften, um seine politischen Ziele zu erreichen. Später heißt es, Kohl habe bei jenem Treffen Gorbatschow die volle und uneingeschränkte Mitgliedschaft des wiedervereinigten Deutschlands in der Nato abgerungen. Kurz darauf zerfällt die ohnehin wirtschaftlich schwache Sowjetunion.

FILER OF GERMAN CHANCELLOR HELMUT KOHL

Quelle: Michael Urban/Reuters

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Nach dem Mauerfall finden im März 1990 zum ersten Mal freie Wahlen in der DDR statt. Die "Allianz für Deutschland", ein Wahlbündnis bestehend aus der ehemaligen DDR-Blockpartei CDU, dem Demokratischen Aufbruch (DA) und der Deutschen Sozialen Union (DSU) tritt am 18. März zur ersten freien Volkskammerwahl an. Vor etwa 100.000 Menschen spricht Helmut Kohl auf der größten politischen Veranstaltung, die es in Erfurt jemals gegeben hatte. Der westdeutsche Bundeskanzler spricht von der Chance, "blühende Landschaften" und ein "blühendes Gemeinwesen" zu schaffen. Das Wahlbündnis, das sich für die Wiedervereinigung einsetzt, gewinnt. Und Kohls Gegner sollten ihm in den Folgejahren noch oft genug vorhalten, dass es mit den "blühenden Landschaften" in den neuen Bundesländern nicht weit her sei.

Hannelore Kohl

Quelle: Wolfgang Kumm/dpa

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Am 12. September 1990 kommt es zur Ratifizierung des Zwei-plus-Vier-Vertrags. Ohne die Zustimmung der Siegermächte (Frankreich, USA, Großbritannien und Sowjetunion) wäre die Wiedervereinigung unmöglich gewesen. Am 3. Oktober 1990 feiert das neue Deutschland Geburtstag. Seitdem ist dieses Datum Nationalfeiertag.

Bei der Feier in Berlin winken von der Freitreppe des Reichstagsgebäudes Hans-Dietrich Genscher (FDP), Hannelore Kohl, Helmut Kohl (CDU) und Richard von Weizsäcker, der damalige Bundespräsident. Neben Weizsäcker steht halb verdeckt Lothar de Maizière, der erste und letzte frei gewählte Ministerpräsident der DDR.

Hannelore Kohl

Quelle: Heinz Wieseler/dpa

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Unter der Jahrhundertkarriere Helmut Kohls leiden vor allem seine Frau und seine Kinder. Zwar präsentiert er sich stets als bodenständiger, braver Familienvater - wie hier 1975 mit seiner Frau Hannelore und seinen Söhnen Peter (rechts) und Walter (links). Ganz so harmonisch dürfte das Zusammenleben in Wahrheit nicht gewesen sein. "Seine wahre Familie heißt CDU", konstatiert Sohn Walter in seiner Biografie. Er habe den Vater oft als distanziert und abwesend erlebt.

Vorschau: 10. Todestag von Hannelore Kohl

Quelle: Diether Endlicher/dapd

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Die Ehe der Kohls endet schließlich tragisch. Hannelore Kohl litt an einer Lichtallergie, 2001 nimmt sie sich das Leben. Sie stirbt allein in ihrem Bungalow in Oggersheim und hinterlässt einen Brief an ihren Mann: "Ich liebe Dich und bewundere Deine Kraft." Darunter setzt sie eine Schlangenlinie. Er nannte sie Schlänglein.

Kohl und Merkel  1991

Quelle: Michael Jung/dpa

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Damals ist sie noch "sein Mädchen": Bundeskanzler Helmut Kohl und die Ministerin für Frauen und Jugend, Angela Merkel, im Dezember 1991. Lange nimmt keiner der alten Herren in der Union die junge, linkisch auftretende Frau aus dem Osten ernst. Dennoch steigt sie zur Generalsekretärin auf und stellt sich 1999 während der Spendenaffäre schließlich gegen ihren Ziehvater Kohl. In einem Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung bezichtigt sie ihn, der Partei "Schaden zugefügt" zu haben. Kohl zieht sich aus allen Parteiämtern zurück.

60 Jahre Bundesrepublik - Bundestag Kohl gratuliert Schröder

Quelle: Tim Brakemeier/dpa

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Ende der 1990er Jahre sind die innenpolitischen Fronten in Deutschland festgefahren. Die SPD blockiert mit ihrer Bundesratsmehrheit jeden noch so zaghafen Regierungsversuch der schwarz-gelben Koalition. Der Wechsel gelingt ihr schließlich mit dem telegenen Gerhard Schröder. Mit ihm gelangen auch die Grünen zum ersten Mal als Koalitionspartei in die Regierung.

1998 endet nach 16 Jahren die längste Amtszeit eines Kanzlers in der Bundesrepublik. Helmut Kohl gratuliert am 27. Oktober 1998 im Bundestag von Bonn seinem Nachfolger Gerhard Schröder, hinter ihm applaudiert der damalige SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine.

Helmut Kohl

Quelle: Reuters

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Am 9. März 2000 lädt der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl zu einer Pressekonferenz in Berlin und gibt bekannt, dass er 5,9 Millionen Mark, inklusive einer Hypothek auf sein Haus, gesammelt habe, um seine Partei zu unterstützen. Das Bekanntwerden der Spendenaffäre um Kohl stürzt die Partei in eine schwere Krise. Der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber gilt als Schlüsselfigur in der CDU-Parteispendenaffäre und wird wegen Bestechung und Steuerhinterziehung zu acht Jahren Haft verurteilt.

Festakt zum 80. Geburtstag von Altbundeskanzler Kohl

Quelle: Sascha Schuermann/ddp

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Wegen der Spendenaffäre sagt Kohl sogar die Feierlichkeiten zu seinem 70. Geburtstag ab. Erst zu seinem 80. Geburtstag im Mai 2010 gibt es einen großen Festakt. Begleitet wird er von seiner neuen Frau Maike Kohl-Richter. Man feiert ihn als "Kanzler der Einheit". Der Jubilar mahnt, die europäische Einheit mit allen Mitteln zu verteidigen und auszubauen. Inzwischen blickt er wieder versöhnlich auf seine Karriere zurück: "Es war ein Leben, von dem ich sagen kann: es hat einen Sinn gehabt."

© SZ.de/beitz/odg/bepe
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