Ehegattensplitting auch für Homo-Ehe:Steuerexperten fordern gleiche Rechte für Lesben und Schwulen

Rund 30 Millionen Euro weniger Steuern würde der Staat einnehmen, wenn auch schwule und lesbische Paare das Ehegatten-Splitting nutzen könnten. Ein eher geringer Betrag angesichts einer Gesamtentlastung von rund 15 Milliarden Euro durch den Splitting-Tarif, finden Fachleute. Doch besonders die CSU wehrt sich gegen die Übertragung dieses Rechts auf homosexuelle Paare.

Guido Bohsem

Am Geld kann es eigentlich nicht liegen. Wirklich nicht. Gerade einmal 30 Millionen Euro würde der Staat weniger einnehmen, wenn er das Ehegattensplitting auch für die etwa 23.000 eingetragenen schwulen und lesbischen Paare gelten lassen würde. Das geht aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Linken-Finanzexpertin Barbara Höll hervor. 30 Millionen Euro sind viel Geld, klar. Wenn man aber bedenkt, dass durch das Ehegattensplitting insgesamt eine Steuerentlastung von etwa 15 Milliarden Euro gewährt wird, relativiert sich der Betrag doch um einiges. Das jedenfalls findet der Steuerrechts-Professor Frank Hechtner von der Freien Universität in Berlin: "Die Summe entspricht gerade mal einem Anteil von 0,2 Prozent der Steuermindereinnahmen, die durch die Gewährung des Splitting-Tarifs verursacht werden."

Auch die deutschen Finanzgerichte kommen immer häufiger zu dem Schluss, dass eingetragene Lebenspartnerschaften auch steuerlich genauso zu behandeln sind wie herkömmliche Ehen. Seit Anfang des Jahres haben insgesamt zwölf verschiedene Gerichte homosexuellen Klägern in dieser Hinsicht recht gegeben. Ein weiteres Dutzend ähnlicher Urteile gab es in den Jahren davor. Die obersten Steuerexperten der Länder waren deshalb schon so weit, den Lebenspartnerschaften Rechtsschutz zu gewähren und negative Einkommensbescheide unter Vorbehalt zu stellen - so lange bis das Verfassungsgericht diese Frage endgültig geklärt hat. Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) legte sein Veto ein, um die Verhandlungsposition des Bundes nicht zu beeinträchtigen.

Für Höll ist dieser Widerstand nicht nachvollziehbar. "Diese letzte Diskriminierung der eingetragenen Lebenspartnerschaft im Steuerrecht muss endlich fallen", fordert sie. Das Verfahren entwickele sich zunehmend zu einer Posse, nachdem fast wöchentlich neue Entscheidungen der Finanzgerichte zugunsten der eingetragenen Lebenspartnerschaft veröffentlicht würden. Auch Grüne und SPD kritisieren das Vorgehen der Bundesregierung - zumal im schwarz-gelben Koalitionsvertrag auf Druck der FDP festgehalten wurde, die Benachteiligungen der eingetragenen Lebenspartnerschaften zu beseitigen. Nach Einschätzung vieler Juristen fällt unter diese Benachteiligungen auch die unterschiedliche Anwendung des Ehegattensplittings.

Das Splitting sorgt dafür, dass das Finanzamt die Einkünfte der Eheleute bei der Einkommensteuererklärung addiert und dann gleichmäßig auf Mann und Frau verteilt. Vor allem wenn einer der Partner deutlich mehr verdient als der andere, ergibt sich daraus ein großer Steuervorteil, der leicht Tausende Euro pro Jahr betragen kann.

Insbesondere die CSU wehrt sich gegen die Übertragung dieses Rechts auf homosexuelle Paare, mit der Begründung, dass die Ehe unter dem Schutz der Verfassung stehe. Das Finanzministerium argumentiert, das Verfassungsgericht habe Sonderregelungen für die herkömmliche Ehe in bestimmten Fällen ausdrücklich zugelassen.

Ein Argument für die Sonderreglung im Splitting-Fall lautet gewöhnlich, dass 90 Prozent der geförderten Fälle Kinder haben. Das Splitting gleiche somit den höheren Aufwand im Vergleich zu Kinderlosen aus. Dem Steuerexperten Hechtner erscheint diese Zahl jedoch zu hoch gegriffen. Er verweist dazu auf von ihm ausgewertete Daten des sozioökonomischen Panels. Demnach haben nur etwa 70 Prozent der getrennt oder zusammenlebenden Ehepaare Kinder; geschiedene Paare haben in etwa 65 Prozent der Fälle Kinder. "Eine Kinderquote von 90 Prozent, wie sie die Bundesregierung annimmt, kann anhand dieser Daten nicht bestätigt werden", so Hechtner.

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