Produktionsverbot für Müller-Brot:Keine Gnade für die Schabe

Trotz sechswöchiger Reinigungsarbeiten ist es Müller-Brot nicht gelungen, komplett schädlingsfrei zu werden. Laut Lebensmittelhygieniker ist das keine Überraschung: Schaben können ohne Nahrungsaufnahme Monate überleben. Nur bauliche Maßnahmen könnten den gravierenden Befall beseitigen.

Katja Riedel

Bayerns Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU) hat das neuerliche Produktionsverbot für die Neufahrner Großbäckerei Müller-Brot und das Vorgehen seines Ministeriums und der Kontrollbehörden verteidigt. Die Behörden hätten nicht aufgrund des hohen politischen und öffentlichen Drucks so hart geurteilt. "Die Lebensmittelkontrolleure müssen feststellen, ob hygienisch einwandfreie Produktionsbedingungen herrschen. Dies war nach den Ergebnissen der letzten Kontrolle nicht der Fall", sagte Huber der Süddeutschen Zeitung.

Müller-Brot bleibt stillgelegt

Nach sechswöchiger Reinigung unter Aufsicht einer Hygiene-Taskforce war es Müller-Brot bis Montag nicht gelungen, komplett schädlingsfrei zu sein.

(Foto: dpa)

Der SZ liegen Protokolle vor, die schon im Dezember 2010 Motten, Maden, Schimmel, schleimige Ablagerungen, Korrosionen und Verschmutzungen in mehreren Bereichen der Produktion auflisten. Doch trotz dieser gravierenden Mängel wurde damals kein Produktionsstopp verhängt - anders als am Dienstag: Diesmal reichten nach wochenlanger Reinigung der Bäckerei einige Schaben und Mäusekot außerhalb der Produktion, um eine Freigabe zu verweigern. Als Begründung wurde neben diesen Mängeln auch ein fehlendes belastbares Hygienemanagement genannt.

Gesundheitsminister Huber verteidigte das frühere Behördenhandeln. Er selbst hat sein Amt erst Ende des Jahres von Markus Söder (CSU) übernommen. Die Behörden hätten sofort gehandelt, als sich gravierende Mängel im Gesamtbetrieb ergaben, sagt Huber. Bis Ende 2011 seien aber eben nur einzelne Teilbereiche betroffen gewesen. "Die Kontrolleure haben die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gewahrt und eine strenge Abwägung zwischen Verbraucherschutz und Arbeitnehmerinteressen entsprechend den rechtlichen Vorgaben vorgenommen", sagt Huber.

Nach sechswöchiger Reinigung unter Aufsicht einer Hygiene-Taskforce war es Müller-Brot bis Montag nicht gelungen, komplett schädlingsfrei zu sein. Für Gero Beckmann, Lebensmittelhygieniker vom Bad Kissinger Institut Romeis, ist das keine Überraschung. Zwei noch lebende und sechs tote Schaben hatten die Prüfer angetroffen - "dies ist aus schädlingsbiologischer Sicht immer nur die Spitze des Eisbergs". Die Tiere könnten blitzschnell flüchten. Ohne Nahrungsaufnahme könnten erwachsene Tierchen 60 Tage überleben, Vorläuferstadien Monate. Nur, wenn sämtliche Rückzugsräume baulich beseitigt würden, sei es bei derart gravierendem Befall möglich, die Schädlingsproblematik zu beheben. Dazu seien mindestens drei Monate notwendig.

Gemessen am vorherigen Befall und der Kürze der Reinigungszeit seien die Prüfergebnisse vom Montag "nicht mehr viel". "Wenn dies ein Erstbefund wäre und es die Vorgeschichte nicht gäbe, hätte man womöglich konsequente Auflagen erteilt, aber insgesamt keinen Produktionsstopp." Die Behörden hätten aus seiner Sicht konsequent, aber innerhalb des Ermessensspielraums geurteilt. Wie es mit Müller-Brot weitergeht, wird sich wohl erst Anfang der kommenden Woche entscheiden. Der Gläubigerausschuss des insolventen Unternehmens hatte sich am Mittwoch mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Hubert Ampferl getroffen.

Dieser sucht nach der gescheiterten Abnahme nun nicht mehr nach einem Investor für das gesamte Unternehmen, sondern nurmehr für das große Filialnetz von Müller-Brot.

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