Zuschussrente, Kombirente und Vorsorgepflicht:Von der Leyens Ideen gegen Altersarmut

Arbeitsministerin von der Leyen hat eine klare Mission: Sie will die Altersarmut bekämpfen - per Gesetz. Davon würden vor allem Geringverdiener und Ruheständler profitieren, die etwas dazuverdienen wollen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Zuschussrente, Kombirente und der Vorsorgepflicht für Selbständige.

Thomas Öchsner

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat eine klare Mission: "Wir haben den Auftrag, Gerechtigkeitslücken zu bearbeiten, die auf die lange Sicht zu Altersarmut führen." Deshalb hat die CDU-Politikerin am Donnerstag ihr lange unter Verschluss gehaltenes Gesetzespaket zur Bekämpfung der Altersarmut vorgelegt. Herzstück ist dabei die Zuschussrente, die sich an den zuvor gezahlten Beiträgen bemisst und zusammen mit den übrigen Rentenansprüchen bis zu 850 Euro betragen soll.

Zeitung: Von der Leyen aendert ihre Altersarmut-Plaene

Von der Leyen im Plenarsaal des Bundestags: Ideen gegen Altersarmut.

(Foto: dapd)

Die Einzelheiten des Gesetzesentwurfs, den die Ministerin jetzt mit anderen Ressorts abstimmt, war in den vergangenen Tagen bereits bekannt geworden und bei Opposition und Gewerkschaften auf scharfe Kritik gestoßen. Auch in der Koalition ist das Paket wegen der Finanzierung umstritten. Was von 2013 an Gesetz sein soll - ein Überblick.

Was bringt die neue Zuschussrente?

Mit ihr werden die Mini-Renten von Ruheständlern aufgestockt, die wenig verdient, aber lang gearbeitet und zusätzlich privat oder betrieblich vorgesorgt haben. Solche Menschen dürften "nicht in die Grundsicherung fallen, wie jemand, der nichts dafür getan hat", sagt von der Leyen. Die Zuschussrente erhöht das monatliche Alterseinkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf bis zu 850 Euro. Das sind etwa gut 150 Euro mehr als die durchschnittliche staatliche Grundsicherung im Alter ("Hartz IV für arme Rentner").

Wer kann die Zuschussrente erhalten?

Den Aufschlag zum Altersgeld bekommt von 2013 an nur, wer 40 Versicherungsjahre vorweisen kann. Dazu zählen zum Beispiel auch Zeiten der Arbeitslosigkeit oder Ausbildung. Mindestens 30 Jahre muss der Versicherte beschäftigt gewesen sein (einschließlich Kindererziehung und Pflegezeiten). Nach der Übergangsfrist gibt es von 2023 an die Zuschussrente nur mit 45 Versicherungs- und davon 35 Beschäftigungsjahren.

Ist zusätzliche Vorsorge erforderlich?

Bis 2018 ist dies nicht nötig. Von 2019 an können Ruheständler die Zuschussrente nur beziehen, wenn sie mindestens fünf Jahre privat oder betrieblich vorgesorgt haben. Danach legt die Regierung die Hürde Jahr für Jahr höher bis 2049. Dann sind 35 Jahre an zusätzlicher Altersvorsorge für den Erhalt der Zuschussrente erforderlich. Damit sich das auch lohnt, werden - anders als zunächst geplant - Riester- oder Betriebsrenten bei der Berechnung der Zuschussrente unberücksichtigt. Versicherte können also 850 Euro aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten und die Rente aus ihrer zusätzlichen Vorsorge kassieren. Dazu heißt es im Arbeitsministerium: "Zusätzliche Vorsorge ist für jeden möglich. Schon ab fünf Euro pro Monat können Geringverdiener riestern."

Wer profitiert von der Zuschussrente?

Drei Viertel der zukünftigen Bezieher dürften Frauen sein. In den Genuss des Aufschlags kommen am Anfang aber nur wenige - 2013 etwa 50.000. Bis 2030 steigt die Zahl nach Berechnungen des Ministeriums auf knapp 1,4 Millionen.

Was passiert bei den Erwerbsminderungsrenten?

2001 wurde die Rente für Menschen, die wegen einer Behinderung, Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr oder nur vermindert erwerbsfähig sind, stark gekürzt. Nun bessert von der Leyen die sogenannten Zurechnungszeiten nach. Bislang wird ein Rentner mit einer Erwerbsminderung so gestellt, als hätte er bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs weitergearbeitet und wie ein Durchschnittsverdiener Beiträge bezahlt. Diese Grenze wird um zwei Jahre schrittweise erhöht. Sie soll bis 2029 - wie bei der Rente mit 67 - jedes Jahr um einen Monat steigen. Das bringt im Durchschnitt 45 Euro mehr Rente, aber eben erst in knapp 20 Jahren. Außerdem will das Ministerium künftig prüfen, ob es in den vier Jahren vor der Erwerbsminderung wegen gesundheitlichen Einschränkungen zu Lohneinbußen gekommen ist. Wenn ja, wird diese Zeit bei der Rentenberechnung nicht berücksichtigt, was den Ruheständler mehr Geld bringt.

Was steckt hinter der "Kombirente"?

Mit ihr lassen sich (Teilzeit-)Arbeit und Rente besser miteinander kombinieren. Bislang gelten hier starre Grenzen: Wer vor Erreichen seiner Altersgrenze in den Ruhestand geht, darf nur 400 Euro im Monat ohne Abzüge von der Rente hinzuverdienen. Was darüber hinausgeht, wird schrittweise auf das Altersgeld angerechnet. In Zukunft dürfen Altersbezüge und Arbeitseinkommen zusammen so hoch wie früher das Gehalt sein, ohne dass dies die Rente schmälert. Maßgeblich ist dabei das höchste Jahres-Bruttoeinkommen aus den letzten 15 Jahren vor Renteneintritt. Der zusätzliche Vorteil dabei: Von der neuen Kombirente gehen weniger Steuern und Sozialabgaben ab als von einem gleich hohem Gehalt.

Für wen kommt die Kombirente überhaupt in Frage?

Geboten wird sie nur für Versicherte, die mindestens 63 Jahre alt sind und 35 Versicherungsjahre nachweisen können. Früher ist dies nur bei Schwerbehinderten möglich, deren maßgebliche Altersgrenze seit Anfang des Jahres schrittweise von 60 auf 62 Jahre angehoben wird. Bislang gibt es wegen der wenig attraktiven Hinzuverdienstregeln nur 3000 Teilrentner, aber Hunderttausende Ruheständler mit einem 400-Euro-Job.

Was bedeutet die Vorsorgepflicht für Selbständige?

Wer selbständig ist, wird gezwungen, für den Ruhestand vorzusorgen. Das soll helfen, Armut im Alter zu vermeiden. Wie das geschieht, lässt die Regierung offen. Der Selbständige muss sich aber so absichern, dass er später Anspruch auf eine zusätzliche Rentenleistung hat. Wer dies nicht nachweisen kann, wird verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Die Vorsorgepflicht gilt nur für hauptberuflich tätige Selbständige, die kein Mitglied in einer berufsständischen Versorgungskasse (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten) oder der Künstlersozialkasse sind. Auch gibt es großzügige Übergangsfristen: Wer zur Einführung des Gesetzes das 50. Lebensjahr erreicht hat, ist nicht betroffen. Für 30- bis unter 50-Jährige soll es "weniger strenge Anforderungen" geben, heißt es im Ministerium. Die Vorsorgepflicht greife somit "voll bei den Personen, die 30 Jahre und jünger sind".

Wie sollen sich Selbständige absichern?

Ihre Zusatzrente muss so hoch sein, dass sie oberhalb der Grundsicherung im Alter liegt. Diese staatliche Leistung liegt derzeit zwischen 650 und 750 Euro. Das Ministerium beziffert die dafür nötigen Beiträge - bei 45 Jahren Einzahlung - auf 250 bis 350 Euro. 100 Euro könnten für die Absicherung gegen eine Erwerbsminderung hinzukommen. Ob dafür auch eine Vorsorgepflicht kommt, ist innerhalb der Koalition umstritten. Die FDP lehnt dies ab. Die Vorsorgepflicht wird voraussichtlich später als die anderen Reformpläne Gesetz. Als Termin ist der 1. Juli 2013 anvisiert.

Kann der Chef die Rente aufstocken?

Arbeitgeber dürfen künftig den Rentenbeitrag für ihre Arbeitnehmer um maximal die Hälfte erhöhen. Vorteil: Das spätere Altersgeld steigt entsprechend, außerdem ist eine mögliche Erwerbsminderung besser abgesichert. "Arbeitgeber können das Instrument nutzen, um sich Fachkräfte zu sichern beziehungsweise zu gewinnen", begründet das Ministerium diesen Vorschlag. Die rentensteigernden Zusatzbeiträge könnten es auch erträglicher machen, früher in Ruhestand zu gehen. Wer dies mit 63 als langjährig Versicherter tut, muss schließlich Abschläge bis zu 14,4 Prozent von seiner Rente in Kauf nehmen. (Kommentar)

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