Debatte um Atom-Endlagerstandorte:Bund will Gorleben einmotten

Im Salzstock Gorleben gibt es wohl erst einmal keine Erkundungen mehr. Die Bundesregierung will zunächst Alternativen prüfen. Damit kommt Bewegung in die Debatte um das geplante Gesetz, das die Suche nach Atommüll-Endlagern in geordnete Bahnen lenken soll.

Michael Bauchmüller und Jens Schneider

Die Bundesregierung nimmt Abstand von der weiteren Erkundung des Salzstocks Gorleben. Die Arbeiten dort sollten "noch in diesem Jahr" beendet werden, heißt es in einem internen Einigungsvorschlag der Bundesregierung. "Nach dem Einstellen der Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben findet ein Offenhaltungsbetrieb ohne weitere Erkundungen statt", steht in dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. In Gorleben soll nur wieder erkundet werden, falls das nötig wird, um den Salzstock mit anderen Standorten zu vergleichen. Die Erkundung dürfte auf Jahre hinaus ruhen. Allerdings soll ein "Forschungslaborbetrieb" möglich sein.

Strahlung in Gorleben lag 2011 unterhalb des Eingreifwertes

Gorleben ist umstritten: Teilnehmer einer Protestaktion der Nichtregierungsorganisation Campact demonstrierten erst Anfang März wieder vor dem Bundesumweltministerium in Berlin gegen ein Endlager.

(Foto: dapd)

Damit kommt Bewegung in die Debatte über ein "Standortauswahlgesetz". Seit vier Monaten beraten Bund und Länder über ein Gesetz, es soll nach drei Jahrzehnten Streit erstmals ein geordnetes Verfahren für die Suche nach einem Atommüll-Endlager eröffnen. Zuletzt waren die Gespräche ins Stocken geraten.

Ursprünglich hatten die Minister aus Bund und Ländern eine endgültige Einigung für März angepeilt. Das Kabinett sollte nächsten Mittwoch entscheiden. Doch das geplante Treffen zwischen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und der Opposition kam nicht zustande. Es gibt Differenzen über die Ausgestaltung des Gesetzes. Offiziell ist der Vorschlag noch nicht in die Verhandlungen eingebracht.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Birkner (FDP) mahnte am Donnerstag zur Eile. "Wir könnten jetzt einen 30 Jahre währenden Konflikt auflösen", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Aber ich sehe die große Gefahr, dass wir die Chance verpassen." Birkner warnte, der Kompromiss drohe "den politischen Auseinandersetzungen vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen zum Opfer zu fallen." Röttgen tritt dort als CDU-Spitzenkandidat an. Wenn jetzt keine Lösung gefunden werde, so Birkner, "ist zu befürchten, dass es auf Jahre keine gibt."

Kein Thema für "Wahlkampf oder Farbenspiele"

Auch die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), die in den Gesprächen die Interessen der von SPD und Grünen geführten Länder koordiniert, forderte rasche Verhandlungen. "Wir müssen das ganz schnell eintüten, oder wir schaffen es gar nicht mehr", sagte sie.

Für "Wahlkampf oder Farbenspiele" eigne sich das Thema nicht. Bundesumweltminister Röttgen sagte: "Die Einigung zwischen Bund und Ländern ist in greifbarer Nähe". Sein Ziel sei es, bis zum Sommer ein Rahmengesetz zu beschließen. Ob der Einigungsvorschlag zu einem Konsens führen kann, blieb zunächst offen. Er stößt offenbar auf Vorbehalte.

Der Umgang mit Gorleben zählt zu den schwierigsten Fragen. Zumindest einem Teil der Befürchtungen wäre mit dem neuen Vorschlag der Boden entzogen. Allerdings sieht er am Ende des Verfahrens die untertägige Erkundung von "mindestens einem" Standort vor - was dann wieder allein auf Gorleben hinauslaufen könnte. Umstritten bleibt zudem die behördliche Struktur.

Der Bund hält an einem weitgehend unabhängigen "Bundesinstitut für Endlagerung" fest, dessen Kompetenzen der Opposition aber zu weit gehen. Neu ist zudem der Vorschlag einer "Deutschen Gesellschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle", kurz Degra. Sie soll die Suche betreiben, als Privatfirma in Händen des Staates.

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