Fehlendes Personal bei der S-Bahn:Lokführer werfen Chefs Versagen vor

Bei der Münchner S-Bahn fehlen die Lokführer. Der Gewerkschaftsvorsitzende Weselsky hat nun eine fehlende Personalplanung kritisiert und fordert eine Ballungsraumzulage für München.

Christian Krügel und Michael Tibudd

Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) erhebt wegen des akuten Personalmangels bei der Münchner S-Bahn schwere Vorwürfe gegen die Unternehmensführung und die DB Regio. Die Verantwortlichen hätten nichts gegen den Mangel an Lokführern unternommen, obwohl dieses Problem seit mindestens zwei Jahren absehbar gewesen sei.

Hoffnung für die Pendler, Ärger für die Anwohner: Nun soll die zweite Stammstrecke in München realisiert werden.

Wird während des Sommers für ein paar Wochen nicht so häufig fahren wir sonst: die S3 auf der Stammstrecke.

(Foto: Carmen Wolf)

Gewerkschaftschef Claus Weselsky spricht von einem "Komplettversagen" der S-Bahn-Verantwortlichen: "Wir haben kein Verständnis für das völlige Fehlen einer strategischen Personalplanung bei der S-Bahn München GmbH", sagte Weselsky der SZ.

Auf den S-Bahnlinien 2, 3 und 8 gibt es derzeit zu bestimmten Tageszeiten keinen Zehn-Minuten-Takt mehr, weil nicht genügend Lokführer eingesetzt werden können. Viele Lokführer seien krank oder in den besser bezahlten Güterbereich gewechselt, grundsätzlich gebe es zu wenig Nachwuchskräfte, hatte die S-Bahn München GmbH am Mittwoch erklärt.

Der Befund sei zwar richtig, so GDL-Chef Claus Weselsky. "Aber nichts von dem kommt überraschend oder unvorhergesehen." Im Gegenteil: Die Gewerkschaft versuche seit langem, mit der Bahn einen vernünftigen Ausbildungspakt für mehr Lokführer auszuhandeln.

Aber auch die aktuell laufende Tarifrunde sei unter anderem deswegen von der Gewerkschaft GDL unterbrochen worden, weil die Zusagen für eine Ausbildungsinitiative und für eine bessere Bezahlung nicht zufriedenstellend gewesen seien. Und selbst wenn eine solche Initiative erfolgreich sei, könnte dadurch frühestens in drei Jahren die Situation verbessert werden.

Deshalb müsse der Job des S-Bahn-Lokführers sofort attraktiver gemacht werden - über eine bessere Bezahlung. Derzeit bekommen Lokführer laut S-Bahn München GmbH im Jahr zwischen 33.000 und 42.400 Euro.

Weselsky fordert dazu eine Ballungsraumzulage, damit sich Lokführer das Arbeiten in der Region München besser leisten können. "200 bis 250 Euro zusätzlich halte ich in München für mehr als angemessen", so der GDL-Chef. Seine Gewerkschaft sei bereit, über regionalisierte Tarifverträge zu verhandeln. Bislang habe die Bahn dies nur tun wollen, um Gehälter zu senken, nicht um mehr zu bezahlen.

Auch das bayerische Verkehrsministerium will sich jetzt um die Situation der Lokführer kümmern, allerdings nicht mit Verhandlungen über mehr Geld. Der Freistaat bestellt über seine Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) die Fahrten der Münchner S-Bahn und zahlt auch dafür.

Das Ministerium hat allerdings für den kommenden Montag zu einem Treffen aller Beteiligten zum Thema eingeladen. Vertreter des Ministeriums, der Bahn, ihrer privaten Konkurrenten und der Gewerkschaften wollen dann über die schwierige Nachwuchssuche für den gesamten Eisenbahnbereich sprechen - nicht nur, aber auch bei den Lokführern. "Das Fachkräfteproblem ist da", sagt der zuständige Wirtschaftsminister Martin Zeil. "Ich setze mich dafür ein, dass alle Verantwortlichen im Freistaat eine gemeinsame wirkungsvolle Strategie zur Fachkräftesicherung entwickeln."

Den Ausfall der Fahrten auf den Linien S 2, 3 und 8 bekommt die S-Bahn München GmbH derweil finanziell zu spüren: Die Bayerische Eisenbahngesellschaft rechnet jede Fahrt einzeln ab. Weil die Betriebskosten dennoch da sind, entstehen der S-Bahn-Gesellschaft also finanzielle Einbußen. Zudem drohen Strafzahlungen - "wenn ein solcher Zustand länger anhält", sagt BEG-Sprecher Wolfgang Oeser.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: