KEF-Bericht: ARD und ZDF:Brisante Zahlen

Verpulvern ARD und ZDF öffentliche Gelder in der digitalen Welt? Nein, sagt ihr Finanzprüfer. Die Zahlen sind dennoch enorm.

Claudia Tieschky

93,6 Millionen Euro will der Mainzer Sender von 2009 bis 2012 für ZDF neo ausgeben. Vor dem Umbau, der junges Publikum bringen soll, hieß der Sender ZDF dokukanal. Er wurde mit Wiederholungen bespielt und kostete in den Jahren 2004 bis 2008 ganze 4,9 Millionen. So steht es im Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF).

Sie legt alle vier Jahre die Höhe der Rundfunkgebühren nach den Kriterien des Bedarfs, der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit neu fest - zuletzt auf 17,98 Euro für die Jahre 2009 bis 2012. Mehr als sieben Milliarden Euro erhalten ARD, ZDF und Deutschlandradio pro Jahr aus der Gebühr. Mindestens alle zwei Jahre legt die KEF den Landesregierungen einen Finanzbericht für die Anstalten vor. Die 16 Sachverständigen der KEF werden von den Ministerpräsidenten der Länder berufen.

Digitalpläne der Anstalten

In ihrem Ende Januar erschienenen, 388 Seiten starken 17. Bericht stehen brisante Zahlen. So plane die ARD für ihre Telemedien in der Zeit zwischen 2009 und 2012 mit 442,7 Millionen Euro, das ist mehr als doppelt so viel, wie zwischen 2004 und 2008 für den Posten "Online" ausgegeben wurde. (Beim ZDF sind es 157,4 Telemedien-Millionen gegenüber 71,3 Millionen für Online 2004/2008.)

Das KEF-Werk hat die Debatte über die Digitalpläne der Anstalten weiter befeuert: Kostenlose öffentlich-rechtliche Internet-Angebote sollen nach Willen der Anstalten auf allen möglichen technischen Wegen (auch als Gratis-Apps für Smartphones) verbreitet werden. Verleger und Privatsender sehen Wettbewerbsverzerrungen.

Am Meinungsbild wirkt als interessierter Teilnehmer auch das Verlagshaus Axel Springer mit. "So werden unsere TV Gebühren verpulvert", titelte Bild zu den KEF-Zahlen.

Wenn man den KEF-Vorsitzenden Heinz Fischer-Heidlberger, der es wissen muss, fragt, ob ARD und ZDF verantwortungsvoll mit ihren Gebühren umgehen, dann sagt er ja. Fischer-Heidlberger, 57, ist Präsident des Bayerischen Obersten Rechnungshofes und seit Dezember Vorsitzender der KEF. Seine Karrierestationen absolvierte er in der Bayerischen Staatskanzlei, unter anderem war er in den achtziger Jahren persönlicher Referent von Franz Josef Strauß. Wenn man Fischer-Heidlberger fragt, ob er den verantwortungsvollen Umgang auch für die Telemedien attestiere, schaut er leicht gequält und sagt dann, "ja, auch dort".

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Etatkorrekturen in ungewöhnlicher Höhe

Zur Begründung führt er aus, dass man "entgegen der öffentlichen Diskussion, die hier Geld verschwendet sieht", festhalten müsse: Es gebe eben einen gesetzlichen Auftrag für die Rundfunkanstalten, Telemedienangebote zu machen. "Man darf sich deshalb jetzt nicht wundern, wenn die Erfüllung des Auftrags Geld kostet".

Der KEF-Chef erklärt dann zum Beispiel auch, dass die Zahlen des neuen Berichts nicht direkt mit denen des alten vergleichbar seien - weil zum Online-Etat der zurückliegenden Jahre auch etwa Live-Streaming im Internet gehörte. Der neue Telemedien-Begriff aber umfasse nur zeitunabhängige Abruf-Angebote. Er schränkt zudem ein: Noch stehe ja die Prüfung der Telemedien-Pläne durch die Gremien (Dreistufentest) aus.

Die KEF rechne daher bis 2012 lediglich mit Planzahlen für einen fiktiven Bestand. Zugrunde liegt vorläufig alles, was in den Telemedienkonzepten aufgelistet ist - offen ist, was am Ende kommt. Mehr Mittel erhielten die Anstalten für ihre neuen Digitalpläne jedenfalls nicht, fasst er zusammen und zeigt dann doch Grenzen auf: Eine zusätzliche Bedarfsanmeldung würde die Kommission "wohl kaum akzeptieren", und größere Budgetumschichtungen zugunsten der Telemedien "würden wir ebenfalls kritisch hinterfragen".

"Uns hat es sehr gewundert"

Im Fall der ARD hat die KEF angemahnt, dass ein zu erwartendes Defizit bei den Gesamtaufgaben von etwa einer Milliarde Euro "noch nicht ausgeglichen ist". Die Kommission erwarte, dass die ARD besonders beim Personalaufwand "unverzüglich ernsthafte Anstrengungen zur Umsetzung der Wirtschaftlichkeitsauflagen" unternehme. Zu ZDF neo merkt der Bericht an, der Etatansatz für 2009 bis 2012 liege 19 Mal so hoch wie in den vorangegangenen vier Jahren, was vor allem zulasten des Dreiländerkanals 3sat geht. Dort wurde von 97,8 Millionen auf 74,4 Millionen gekürzt: "Die Kommission nimmt die Etatkorrekturen in dieser ungewöhnlichen Höhe zur Kenntnis und wird die Entwicklung weiter prüfen." Um das als Kritik zu deuten, muss man empfindsam sein.

Im Rahmen der Programmhoheit könnten die Anstalten ihre Mittel natürlich umschichten, sagt Fischer-Heidlberger, das könne die KEF nicht kritisieren. "Uns hat es aber sehr gewundert, wie das ZDF aus dem recht kleinen Budget von 3sat so viel abzweigen kann." Offenbar habe das ZDF für den 16. Bericht Kosten für 3sat angemeldet, "die wir anerkannt haben, aber die man jetzt zwei Jahre später dort gar nicht braucht".

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Reform der Rundfunkgebühr

Man könnte das so übersetzen, dass die KEF sich getäuscht darüber fühlt, was für 3sat wirklich gebraucht wird. Oder man könnte fragen, ob es eine öffentlich-rechtliche Auftragserfüllung auf kleinem und auf großem Niveau gibt, und warum es für die Digitalkanäle jetzt das ganz große Niveau sein soll und für den Kulturkanal nicht mehr.

All das fragt Fischer-Heidlberger nicht. Er sagt,ZDF neo sei nur möglich gewesen durch den Staatsvertrag, mit Willen und Wissen durch den Gesetzgeber, die Länder. "Die KEF und auch die Rechnungshöfe können diese politische Entscheidung nicht in Frage stellen."

Im Lauf eines Gesprächs über die Kontrollmöglichkeiten der KEF kommt man letztlich immer wieder an diesem Punkt an: beim politischen Willen des Gesetzgebers, der Länder - und bei der Gestaltungsmacht, die sie den Sendergremien übertragen haben. "Was dort abgesegnet ist, ist Grundlage für die Ermittlung des Finanzbedarfs der KEF", sagt Fischer-Heidlberger.

Gerechtigkeit bei der Erhebung

Er hat den KEF-Vorsitz in einer schwierigen Zeit übernommen, einer Zeit des Übergangs in mehrfacher Hinsicht. Nach dem Willen der Ministerpräsidenten soll auch die Rundfunkgebühr reformiert werden und bereits für die Zeit ab 2013 nach einem neuen Modell berechnet werden. Seit Ende 2006 laborieren die für die Rundfunkgesetze zuständigen Länder an der Reform, bei der eine neue Abgabe pro Haushalt im Gespräch ist. Vor allem aber geht es um mehr Akzeptanz für die Rundfunkgebühr und mehr Gerechtigkeit bei der Erhebung: Die Gebühr gehört somit zu den raren Themen, mit denen Medienpolitik derzeit öffentlichkeitswirksam auftreten kann.

Auch deshalb soll das Werk der große Wurf werden und zugleich Werbung und Sponsoring der Öffentlich-Rechtlichen einschränken. Doch es kommt einfach nicht voran. In dieser Woche wird die Rundfunkländerkommission wieder einmal über den Zwischenstand beraten. Fischer-Heidlberger ist sogar skeptisch, dass der nun schon "extrem enge" Zeitplan überhaupt noch gehalten werden kann. Die KEF bräuchte bis Anfang 2011 Klarheit über das neue Modell, um eine reformierte Gebühr zu berechnen. Klarheit aber ist beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch lange nicht in Sicht.

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