9. November 1989:Wie Merkel den Mauerfall fast verschwitzte

Zum Jahrestag des Mauerfalls spricht Kanzlerin Angela Merkel von der "unvollendeten Einheit" - und verrät ihre persönliche Geschichte zum 9. November 1989.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am 20. Jahrestag des Mauerfalls zu weiteren Bemühungen für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West aufgerufen. "Die deutsche Einheit ist noch nicht vollendet", sagte Merkel am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Es gebe noch viel zu tun.

Angela Merkel mit Joachim Sauer 1989 AFP

Ein Bild aus dem Jahr 1989: Angela Merkel mit Joachim Sauer und der Professorin Malgorzata Jeziorska, aufgenommen in der polnischen Stadt Bachotek. "Man war sprachlos und glücklich", sagt Angela Merkel heute über die deutsche Einheit.

(Foto: Foto: AFP)

Dafür werde auch der Solidaritätszuschlag weiter benötigt, der "von Ost und West gleichermaßen gezahlt werde", erklärte die Regierungschefin. "Wir sollten die Bedürfnisse auch der Erneuerung in den alten Bundesländern nicht gegen das, was in den neuen Bundesländern passiert, ausspielen", sagte Merkel.

"Ja, natürlich haben wir blühende Landschaften"

Auf die Frage, ob das Versprechen "blühender Landschaften" in den neuen Bundesländern durch den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl erfüllt worden sei, antwortete Merkel: "Ja, natürlich haben wir viele blühende Landschaften."

So sei in besonders belasteten Regionen wie Bitterfeld die Verschmutzung durch die Industrie verringert worden. Auch seien die damaligen Unterschiede in der durchschnittlichen Lebenserwartung heute fast ausgeglichen.

Dennoch sei bei der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse noch viel zu tun. So sei die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern etwa doppelt so hoch wie im Westen.

Man werde bei der Arbeitsmarktpolitik immer wieder die besonderen Gegebenheiten der neuen Bundesländer berücksichtigen.

Nicht an "dritten Weg" geglaubt

Am Abend der Maueröffnung - dem 9. November - und in den Tagen danach habe sie die Bedeutung des Ereignisses nicht sofort erfasst, räumte Merkel ein. "Ich habe nicht sofort daran gedacht, dass die deutsche Einheit sehr sehr schnell kommen wird."

Wenig später sei sie als Wissenschaftlerin zu Besuch in Polen gewesen: "Und die Polen waren der Meinung, da wird nicht viel Zeit vergehen, das wird jetzt sehr schnell gehen und haben mich im Grunde dann noch mal auf diesen Pfad geführt und so kam es dann ja auch."

Sie selbst habe nicht an einen "dritten Weg" der DDR zwischen Sozialismus und Kapitalismus geglaubt. "Es gab Menschen, die sehr an einen sogenannten dritten Weg geglaubt haben. Ich habe da nicht so richtig dazugehört", sagte sie dem ARD-"Morgenmagazin" weiter.

Sie habe aber auch keine konkreten Pläne über die Gestaltung der Deutschen Einheit gemacht. "Man ist da hineingeraten in diese Entwicklung und es war dann klar: Mit der totalen Öffnung der Grenzen war im Grunde auch die schnelle Deutsche Einheit angelegt."

Heute glaube sie, "es überwiegt ja bei den allermeisten das Glücksgefühl, dass es die Deutsche Einheit gibt". Aber dennoch gebe es viele Schicksale, "die sich auch nicht so richtig anerkannt fühlen".

"DDR war Unrechtsstaat"

Merkel wandte sich zudem gegen eine Verklärung der DDR. "Die DDR ist auf Unrecht gegründet, sie ist nicht aus freien Wahlen entstanden, sie hatte keine Meinungsfreiheit, sie hatte keine Religionsfreiheit."

Bei der Eröffnungsfeier des Museums Villa Schöningen in Potsdam sagte die Kanzlerin zudem am Sonntagabend, dass die Erinnerung an den Mauerfall die Menschen zu mehr Mut inspirieren sollte. Auch damals seien die Bürger des damaligen Ostblocks mutig gewesen, als sie sich friedlich gegen das System aufgelehnt hätten. 20 Jahre später sollte das die Menschen anhalten, sich für andere und gegen Unrecht einzusetzen.

Im ARD-"Morgenmagazin" verriet die Kanzlerin außerdem ihre ganz persönliche Geschichte zum 9. November 1989: Merkel sagte, sie sei zum Zeitpunkt des Mauerfalls in der Sauna gewesen. Nachdem sie von den Ereignissen gehört habe, sei sie anschließend in Richtung Grenzübergang Bornholmer Straße gegangen. Ein Bäcker habe schon gebacken, man habe sich noch Verpflegung geholt. Dann ging es los in Richtung Mauer: "Man war sprachlos und glücklich", sagte sie.

In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau hatte sie außerdem verraten, dass sie vor 20 Jahren auf den Mauerfall mit einer Dose Bier in einer wildfremden Westberliner Wohnung angestoßen habe. "Der Empfang in Westberlin war sehr, sehr herzlich."

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