Thomas de Maizière:"Islam willkommen, Islamismus nicht"

Innenminister de Maizière spricht lieber von innerem Frieden als von innerer Sicherheit - und sieht sich als Integrationsminister.

S. Braun und H. Prantl

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), 55, ist ein Vertrauter der Kanzlerin Angela Merkel. In der Koaliton mit der SPD war er von 2005 bis 2009 Chef des Kanzleramts, nachdem der gebürtige Bonner zuvor Karriere in Sachsen gemacht hatte. Der promovierte Jurist ist seit 2003 im Präsidium des Deutzschen Evangelischen Kirchentages.

Thomas de Maizière: Innenminister Thomas de Maizière: "Ein Innenminister muss seine Vorhaben besonders gut vorbereiten."

Innenminister Thomas de Maizière: "Ein Innenminister muss seine Vorhaben besonders gut vorbereiten."

(Foto: Foto: Regina Schmeken)

Thomas de Maizière über...

...seine Rolle im Kabinett :

Ich bin in einem doppelten Sinne Integrationsminister. Ich bin Minister für Integration im ganz klassischen Sinne, aber auch jemand, der die Dinge zusammenführt. Ich bin für den inneren Zusammenhalt mitverantwortlich. So verstehe ich mein Amt.

....über den Staat:

Ich finde es falsch, den Staat mit wechselnden Gesichtern zu versehen, nach dem Motto: Der Ordnungsstaat ist gut, der Steuerstaat ist schlecht. Der Staat, der die Bundeswehr verantwortungsvoll einsetzt, ist gut, der Staat, der Knöllchen verteilt, ist schlecht. Es ist immer derselbe Staat, ob als Baubehörde, Polizei, Bundeswehr.

...über Innere Sicherheit:

Ich kann mit dem Begriff "innere Sicherheit" wenig anfangen. Mir gefällt "innerer Friede und öffentliche Sicherheit" besser. Und ich bin der Überzeugung, dass sich das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit nicht am Ausmaß der Gesetzgebung bemisst. Gefahrenabwehr heißt, dafür zu sorgen, dass sich Gefahren nicht aktualisieren. Da man aber nicht alle Gefahren vorhersehen kann, ist Gesetzgebung im Bereich der öffentlichen Sicherheit oft eine nachholende Gesetzgebung.

...neue Gesetze zur Sicherheit:

Wir werden wie vereinbart alles prüfen, die Sicherheitsarchitektur im engeren Sinne und die Struktur der Sicherheit insgesamt. Eines aber ist mir für die Zukunft wichtig: Wenn wir uns nicht einigen, gibt es keine Veränderungen. Ich finde, ein Innenminister sollte mit Gesetzesvorhaben zur öffentlichen Sicherheit nicht scheitern. Ein Fachminister kann sich das in seinem Gebiet vielleicht einmal leisten. Passiert es einem Innenminister, etwas zu fordern und anzukündigen, was für die öffentliche Sicherheit sehr wichtig ist, aber es politisch nicht durchsetzt, dann kann das negative Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung haben. Mit anderen Worten: Ein Innenminister muss seine Vorhaben besonders gut vorbereiten. Man darf nicht gegen eine Wand laufen.

....Aktionen gegen Rechts in Ostdeutschland:

Insbesondere symbolische Auftritte sind dann gut, wenn sie klug und maßvoll eingesetzt werden und nicht zu oft. Manchmal kann es eben auch falsch sein, auf jede Demonstration von Rechtsextremen mit einer Gegendemonstration zu antworten. Man kann sie auch einfach mal ignorieren. Pawlowsche Reflexe haben keinen Erfolg. Vor einigen Jahren sind Anwohner einfach aus ihren Häusern getreten und haben den Rechtsextremen stumm den Hintern zugedreht. Das fand ich stark. Aufgeregte Reaktionen dagegen sind geradezu im Interesse der NPD.

...die Islamkonferenz:

Wir werden uns auch weiter mit der Ausbildung von Imamen und islamischen Religionslehrern an deutschen Hochschulen beschäftigen. Ein zweites großes Thema wird die Gleichberechtigung von Mann und Frau, von Jungen und Mädchen sein. Da gibt es noch enorme Probleme. Die Humanität einer Gesellschaft hat aber viel mit der gleichberechtigten Stellung der Frau zu tun. Eine Abwertung von Frauen passt nicht zu unserem Grundgesetz. Das dritte Ziel der Islamkonferenz II ist und bleibt die Prävention, also die Abgrenzung zum Extremismus. Der Islam ist bei uns willkommen, der Islamismus nicht.

...Gemeinsamkeiten zwischen Christentum und Islam:

Der sächsische Altbischof Volker Kreß hat einmal einen für mich sehr bewegenden Vortrag über die abrahamitischen Religionen gehalten, über die gemeinsamen Wurzeln auch von Christentum und Islam. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es zwar gemeinsame Wurzeln, aber dann doch nicht viel Gemeinsames gibt. Wahr ist allerdings, dass das Bekenntnis zur Endlichkeit menschlichen Handelns und zur Allmacht Gottes etwas ist, was einen Politiker, der sich als Christ versteht, sowohl demütig als auch selbstbewusst macht, weil man nicht allein für alles verantwortlich ist. Wenn man das teilt mit Muslimen, ist das gut.

Lesen Sie das gesamte Interview in der Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung.

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