Roland-Berger-Pläne vor dem Aus:Europäischer Ratingagentur fehlen die Geldgeber

Sie sollte die Marktmacht der drei großen US-Anbieter brechen, die seit der Krise sehr in der Kritik stehen. Doch eine europäische Ratingagentur wird es wohl so schnell nicht geben. Die Beraterfirma Roland Berger schafft es offenbar nicht, genügend Investoren zu finden.

Sie bewerten die Kreditwürdigkeit von Banken, Industriekonzernen und Ländern, ihnen wird zugeschrieben, die Finanz- und Schuldenkrise zu beeinflussen: Standard & Poor's, Moody's und Fitch, das sind die großen Drei der Branche - und sie werden aller Voraussicht nach noch für längere Zeit unter sich bleiben.

Eigentlich sollte eine europäische Ratingagentur den Wettbewerb unter den Agenturen beleben und ein Gegengewicht zu den drei US-Anbietern bilden. Doch das Konzept, hinter dem die Beraterfirma Roland Berger steckt, steht nach einem Bericht der Financial Times Deutschland vor dem Aus.

Anfang des Jahres war Roland Berger noch optimistisch. Mittlerweile gehe das Unternehmen jedoch nicht mehr davon aus, die benötigten 300 Millionen Euro Startkapital für den Aufbau des Prestigeobjektes zusammenzukriegen, heißt es in dem Bericht. Das Unternehmen habe vor allem auf die Unterstützung deutscher und französischer Großbanken gehofft, stieß demnach jedoch auf wenig Interesse. Auch aus der deutschen Industrie sei Gegenwind gekommen. Bereits vor vier Wochen hatte Roland Berger zugegeben, dass es schwierig sei, das Kapital zusammenzubekommen.

Stifungsmodell sollte den Anreiz für übertrieben gute Noten senken

Das von Berger-Partner Markus Krall erdachte Ratingkonzept hätte das Geschäftsmodell der Branche umgekrempelt: Anstelle der Emittenten, die Wertpapiere ausgeben, sollten die Investoren für Ratings bezahlen. So hätten die Agenturen keinen Anreiz mehr, sich mit übertrieben guten Noten Aufträge zu sichern, die den Emittenten später auf die Füße fallen könnten.

Die Berger-Pläne sahen dazu ein Stiftungsmodell vor. Insgesamt 30 Investoren aus der Finanzbranche sollten jeweils zehn Millionen Euro beisteuern - eine breite Steuung, auch um den Einfluss einzelner Akteure zu begrenzen. Nach fünf bis sieben Jahren sollte sich die neue Agentur soweit etabliert haben, dass die Geldgeber aus dem Cashflow heraus hätten ausbezahlt werden können.

Ganz aufgeben will Unternehmensberater Roland Berger die Pläne aber nicht. Wie die FTD schreibt, soll zumindest mit kleinem Budget an der Idee gearbeitet werden. "Wir halten das Projekt weiter für richtig und wünschenswert", sagte eine Roland-Berger-Sprecherin am Montag. Sie betonte, es werde weiter Gespräche geben.

Drei beherrschen 95 Prozent des Markts

Die Dominanz des Dreigestirns aus den USA, die rund 95 Prozent des Markts kontrollieren, geht zurück bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Damals schrieben die amerikanischen Finanzmarktregulierer den Banken vor, dass sie nur noch Papiere mit Bonitätsnoten halten dürften.

Den Durchbruch in Europa schafften Moody's & Co. mit den Basel-II-Regeln zur Bankenregulierung. Die Institute in der Europäischen Union sind seit 2007 verpflichtet, ihre Kredite nach Einzelrisiken der Schuldner mit Kapital zu hinterlegen. Zur Risikobewertung verlassen sich viele Häuser neben ihrer hausinternen Meinung auf die marktgängigsten externen Ratings - und die kommen eben von den besagten drei großen Agenturen.

Bereits seit den neunziger Jahren gab es immer wieder Vorstöße, eine eigene Institution zu gründen, die allerdings nie über die Planungsphase hinauskamen. Neben der Anschubfinanzierung gibt es noch weitere Probleme: Experten verweisen etwa auf den hohen Bedarf an qualifiziertem Personal, das nötig ist, um beispielsweise Länderrisiken solide einschätzen zu können.

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