Reform des Kartellrechts:Rösler will Ölkonzerne unter Staatsaufsicht stellen

Über Benzinpreise wird heftig debattiert. Ein neues Gesetz soll nun alle Tankstellenbetreiber verpflichten, nicht nur jede Preisänderung zu melden, sondern auch, wie viel Treibstoff sie wo und wie teuer eingekauft haben. Das soll verhindern, dass sie von den Konzernen behindert werden. Die Mineralölindustrie lehnt Röslers Vorhaben ab: Die Spritpreise würden dadurch nicht sinken - im Gegenteil.

Silvia Liebrich und Michael Bauchmüller

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will die Mineralölkonzerne unter strenge Aufsicht stellen. Sie sollen künftig melden, wenn sie die Spritpreise erhöhen oder senken wollen. Ein entsprechender Entwurf liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Er soll bereits am 2. Mai im Kabinett beschlossen werden und dann in den Bundestag gehen. Dies solle helfen, "die vorhandenen Eingriffsmöglichkeiten der Kartellbehörden besser nutzen zu können". Das Gesetz solle noch diesen Herbst in Kraft treten, hieß es im Wirtschaftsministerium.

Zuletzt hatten die Preissteigerungen an den Tankstellen heftige Debatten über den Wettbewerb am Kraftstoffmarkt ausgelöst. Der Vorstoß soll nun verhindern, dass freie Tankstellen von den fünf großen Mineralölkonzernen Aral (BP), Shell, Esso (ExxonMobil), Jet (ConocoPhillips) und Total behindert werden. Eine "Markttransparenzstelle" soll die Daten erheben, sie war im Zuge der Novelle des Kartellrechts beschlossen worden. Ursprünglich sollte sie nur den Gas- und Strommarkt überwachen. Nach SZ-Informationen wurde das Gesetz nun auf den letzten Drücker um einen Zusatz für den Kraftstoffmarkt ergänzt. Dies soll auf Betreiben von Rösler geschehen sein. Eine Ministeriumssprecherin wollte sich dazu nicht äußern.

Kann sich Rösler mit seinem Plan durchsetzen, dann werden die Betreiber der 14.700 Tankstellen in Deutschland künftig detailliert darüber Auskunft geben müssen, wann und in welchem Umfang sie die Preise an den Zapfsäulen erhöhen oder senken. Außerdem müssen sie melden, welche Mengen an Treibstoffen sie wo und wie teuer eingekauft haben. Von dem Gesetz sind auch die Großhändler betroffen. Sie müssen ihre Verkäufe offenlegen und jedes einzelne Geschäft melden. Die neue Markttransparenzstelle soll beim Bundeskartellamt angesiedelt werden.

"Wir haben nichts zu verbergen"

In der Mineralölindustrie stößt Röslers Vorhaben auf Ablehnung. "Wir haben nichts zu verbergen. Mit der Marktransparenzstelle wird nur ein neues bürokratisches Monster geschaffen, für das der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird", sagte Klaus Picard, Geschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes MWV. Die Benzin- und Dieselpreise würden dadurch nicht sinken. Im Gegenteil, auf die Tankstellenbetreiber, große wie kleine, kämen erhebliche Kosten durch die Meldepflicht zu.

Picard verwies darauf, dass alle bisherigen Untersuchungen des Bundeskartellamtes keine Verstöße der Mineralölkonzerne belegt hätten. Erst im vorigen Jahr hatte das Kartellamt eine Untersuchung ohne konkrete Konsequenzen für die Tankstellen-Konzerne abgeschlossen. Der energiepolitische Sprecher der FDP, Klaus Breil, sprach von einem "weiteren Schritt, um Marktmissbrauch in Zukunft auszuschließen". Ähnlich äußerte sich der Autoclub ADAC. "Der Ansatz ist gut, weil er die Position des Kartellamtes stärkt", sagte Jürgen Albrecht, Kraftstoff-Experte des ADAC.

Zuvor hatten auch die Verkehrsminister der Länder eine neue Untersuchung der Preissprünge an Tankstellen durch das Kartellamt verlangt. Bei einer Konferenz in Kassel forderten sie zudem den Bund am Donnerstag auf, "preisdämpfende Regelungen" prüfen, die das "unnötig hohe Preisniveau" senken könnten. Wie diese Regelungen im Einzelnen aussehen könnten, ließen die Minister offen.

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