Medikamente in der Tierhaltung:Aigner plant Datenbank gegen Antibiotika-Missbrauch

Massiver Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung begünstigt die Entstehung von resistenten Keimen - und ist so auch für den Konsumenten gefährlich. Landwirtschaftsministerin Aigner will in Zukunft per Gesetz Tierärzte zu Transparenz bei der Verwendung von Medikamenten in der Tierhaltung zwingen.

Daniela Kuhr, Berlin

Zum Schutz vor einem übermäßigen Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung will Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) nun doch den Weg für eine bundesweite Datenbank freimachen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnten Tierärzte damit künftig verpflichtet werden, jede Abgabe von Antibiotika sowie den Empfängerbetrieb zu melden.

Legehennen in Kleingruppenhaltung

Im Stall: Auch Hühner erhalten zu viele Antibiotika.

(Foto: dpa)

Damit greift Aigner eine Forderung auf, die von einigen Länderministern schon seit längerem erhoben worden war. Die Datenbank würde den zuständigen Überwachungsbehörden in den Ländern einen Überblick ermöglichen, in welchen Betrieben auffällig viele Antibiotika zum Einsatz kommen. Die Kontrolleure könnten gezielt Maßnahmen anordnen, um die Menge zu reduzieren. Über eine entsprechende Verschärfung des Arzneimittelgesetzes wolle Aigner mit den Vertretern der Länder auf der Agrarministerkonferenz an diesem Donnerstag in Konstanz reden, hieß es.

Aigners Sprecher bestätigte, dass ein Vorstoß geplant sei, wollte sich aber zu Details nicht äußern. Man sei noch in einem sehr frühen Stadium, viele Fragen seien offen. Doch wolle man "als Bundesministerium den Ländern und ihren Behörden alle Instrumente an die Hand geben, die erforderlich sind, um die Transparenz zu erhöhen, die Antibiotika-Abgabe zu reduzieren und den Missbrauch von Medikamenten zu verhindern".

Im vergangenen Jahr hatten zwei Studien die Öffentlichkeit alarmiert. Eine Untersuchung aus Nordrhein-Westfalen hatte gezeigt, dass in der Hähnchenmast mehr als 90 Prozent der Tiere Antibiotika erhielten, zum Teil acht verschiedene Wirkstoffe innerhalb kurzer Zeit. Eine weitere Studie aus Niedersachsen hatte darüberhinaus ergeben, dass auch in der Schweine- und Rindermast zu viel Antibiotika eingesetzt werden. Das ist vor allem deshalb bedenklich, weil ein massiver Einsatz von Antibiotika das Entstehen von resistenten Keimen begünstigst - was im Endeffekt auch für den Menschen gefährlich werden kann, weil Medikamente womöglich nicht mehr wirken.

Gesetzesentwurf noch vor der Sommerpause möglich

Bereits im Januar hatte Aigner daher einige Änderungen des Arzneimittelgesetzes vorgeschlagen. So sollen Tierärzte künftig nach der erfolglosen Anwendung eines Antibiotikums nicht mehr einfach ein anderes anwenden dürfen. Erst müssen sie den konkreten Erreger ermitteln, damit sichergestellt ist, dass wenigstens das zweite Antibiotikum tatsächlich wirkt.

Zudem sollten Tierärzte verpflichtet werden, auf Anfrage der Überwachungsbehörden jederzeit detailliert zu belegen, welche Mengen an Antibiotika sie eingekauft und an welche Betriebe sie diese geliefert haben. Diese Vorschläge genügten einigen Länderministern, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne), jedoch nicht.

Mit der Idee einer bundesweiten Datenbank legt Aigner nun nach. Wenn die Länder dem Vorschlag zustimmen, will die Ministerin einen Gesetzentwurf erarbeiten. Er könne noch vor der Sommerpause ins Kabinett, hieß es.

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