Forderungen nach französischer Präsidentenwahl:Merkel will Hollande auf Sparkurs bringen

Wie ändert sich die EU-Politik unter François Hollande? Nach der Wahl des Sozialisten zu Frankreichs neuem Präsidenten lehnt Kanzlerin Merkel Änderungen am Fiskalpakt vorauseilend ab, betont aber, sie wolle Hollande "mit offenen Armen" empfangen. Die Opposition erhofft sich "eine neue Richtung" für Europa.

Nach dem Sieg von François Hollande bei der französischen Präsidentschaftswahl hat die Union Änderungen am europäischen Fiskalpakt vorauseilend abgelehnt. Das künftige französische Staatsoberhaupt dürfe den vereinbarten EU-Kurs nicht infrage stellen, mahnten die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer.

"Der Fiskalpakt ist beschlossen und muss jetzt weiterbearbeitet werden", sagte Kanzlerin Merkel in Berlin. Die zwischen 25 EU-Ländern geschlossenen Vereinbarungen stünden nicht zur Disposition. Hollande hatte im Wahlkampf immer wieder Nachverhandlungen verlangt.

Merkel verwies darauf, dass auf EU-Ebene bereits seit längerer Zeit an zusätzlichen Wachstumsimpulsen für die europäische Wirtschaft gearbeitet werde. "Dass Fortschritt nur machbar ist durch solide Finanzen plus Wachstum, das ist seit langem Thema des Europäischen Rates und der Europäischen Union." Die Konsolidierung der Staatshaushalte sei dafür jedoch eine notwendige Voraussetzung. "Riesen-Konjunkturprogramme" lehnte Merkel ab.

Die Kanzlerin betonte, sie wolle den neuen französischen Präsidenten "mit offenen Armen in Deutschland empfangen". Ein erstes Telefonat am Sonntagabend sei "sehr gut" gewesen. Seehofer warnte angesichts des Machtwechsels in Frankreich und des schwierigen Wahlergebnisses in Griechenland vor einer Aufweichung des "Stabilitätskurses" in der Euro-Schuldenkrise. "Wir dürfen jetzt nicht das Schlingern anfangen", sagte Seehofer in München.

Opposition erfreut über Hollandes Sieg

Die Grünen werteten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Frankreich als Schlappe für Merkel. "Ihr Lieblingspräsident Sarkozy hat in Frankreich krachend verloren", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir in Berlin. Gewonnen habe der Herausforderer der Sozialisten, François Hollande, den Merkel habe verhindern wollen. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, "das Pärchen Merkozy, was nicht wirklich Segen über Europa gebracht hat", sei nun am Ende.

Die SPD sieht mit Hollande Chancen für eine Wachstumsinitiative in der EU. Seine Wahl werde "endlich mithelfen, Europa eine andere Richtung zu geben", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel in Berlin. Neben dem europäischen Fiskalpakt müsse es nun auch einen "Pakt für Wachstum und Beschäftigung" geben.

Gabriel stellte zugleich klar, dass niemand den zwischen 25 EU-Ländern geschlossenen Fiskalpakt abschaffen wolle. Hollandes Erfolg beweise jedoch, dass es zur Politik von Merkel eine Alternative gebe.

Auch die Linke zeigte sich erfreut über den Sieg des Sozialisten in Frankreich. Es bestehe nun die Hoffnung auf eine linke Politik im Nachbarland, sagte der Linke-Chef Klaus Ernst in Berlin. Eine Krisenpolitik mit Geschenken für Banken und Zumutungen für die Bürger sei abgewählt worden. Hollande sei mit einem klaren linken Profil angetreten.

Europas Konservative suchen Verständigung

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will den neuen französischen Präsidenten schnellstmöglich zu dessen Antrittsbesuch in Brüssel begrüßen. Der britische Premierminister David Cameron kündigte eine sehr enge Zusammenarbeit mit Hollande an. In einem Telefonat vereinbarten die beiden am späten Sonntagabend, auf der bereits "sehr engen Beziehung" zwischen Großbritannien und Frankreich aufzubauen, wie ein Regierungssprecher in London erklärte.

Der britische Oppositionsführer Ed Miliband bezeichnete den Sieg Hollandes als Zeichen für Großbritannien. Bei Gesprächen mit Hollande habe er einen Eindruck von dessen Entschlossenheit bekommen, ein Europa mit Wachstum und Arbeitsplätzen zu schaffen, sagte Miliband. "Diese neue Führung wird dringend gebraucht, damit Europa die Sparpolitik ablegt."

Spaniens konservative Regierung ist nach den Worten von Ministerpräsident Mariano Rajoy zu einer Verständigung mit dem künftigen französischen Staatspräsidenten verpflichtet. "Ich stehe in der Pflicht, mich mit ihm zu verständigen und zu versuchen, eine Politik zum Vorteil Frankreichs, Spaniens und Europas zu betreiben", sagte Rajoy im Radiosender Onda Cero.

Er sehe keinen Gegensatz zwischen der Sparpolitik der spanischen Regierung und der von Hollande vertretenen Förderung des Wirtschaftswachstums. "Beide Konzepte sind vollständig miteinander vereinbar", betonte Rajoy.

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